NSU-Prozess: Wie ich ein Nazi wurde…

Am gestrigen Verhandlungstag haben die Anwälte der Anklage erneut mit vielen Anträgen das Verhör von wichtigen Zeugen hinausgezögert.

Beate Zschäpe hielt an ihrem gewohnten Verhalten fest. Sie kam ins Gerichtssaal und drehte den Journalisten und Zuschauern sofort ihr Rücken zu. Die Anwälte der Anklage weichten auch nicht von ihrem gewohnten Verhalten ab. Ein Antrag nach dem anderen wurde eingereicht und somit die Aussage des Zeugen Carsten S. hinausgeschoben.

In der Mittagspause beantragte die Familie des ermordeten Halit Yozgats, dass alle V-Leute und Geheimdienstmitarbeiter, die sich im Saal befinden, vom Prozess ausgeschlossen werden. Der Anwalt der Familie erklärte: „Eine systematische Beobachtung durch offizielle Ämter schadet dem Prozess.“ Diese Forderung wurde durch die Anwälte der Anklage unterstützt. Daraufhin fragte der vorsitzende Richter Götzl die Zuschauer: „Gibt es unter ihnen Mitarbeiter der BKA, LKA oder des Verfassungsschutzes?“ und sorgte für Gelächter im Saal, weil niemand auf die Frage reagierte.

Am 5. Verhandlungstag wurden alle vorher eingereichten Anträge abgelehnt. Die Anwältin von Ralf Wohlleben reichte zwei weitere Anträge ein und forderte die Aussetzung des Prozesses, weil sie der Meinung ist, dass die Medien mit ihrer Berichterstattung die Angeklagten bereits verurteilt haben. Als auch dieser Antrag abgelehnt wurde, stellten die Anwälte Zschäpes noch einen: die Aussetzung des Verfahrens, weil der Oberstaatsanwalt Harald Range und Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes, den Ausdruck “Mordbande“ benutzt haben. 75 Minuten brauchte Anwältin Sturm, um zu erklären, warum so kein faires Verfahren stattfinden kann. Trotzdem wurde der Antrag nach der Mittagspause ebenfalls abgelehnt.

Am Nachmittag konnte der 1980 geborene Carsten S., der als Unterstützer der NSU-Terrorzelle gilt und sich im Zeugenschutzprogramm befindet, endlich verhört werden. Er erzählte detailliert wie er als Maler-Azubi in Eisenbach in die rechte Szene geriet und bis zum Vizevorsitzenden der Nachwuchsorganisation der NPD in Thüringen aufstieg. Es waren seine Freunde im Wohnheim, die ihn 1996 mit der CD ”Türkenjäger“ in ihrer Kreis aufnahmen. Am 1. März 1997 nahm er an einer großen NPD-Demo in München teil und die Dinge nahmen ihren Lauf. Carsten S. erzählt alles genau, will es richtig machen, dem Gericht recht machen. Einen der Uwes lernte er 1997 in der Wohnung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe kennen: „Ich erinnere mich daran, wie er seine Springerstiefel in eine Plastiktüte gewickelt hat.“

Carsten S., hatte bereits zuvor gestanden, dass er die Mordwaffe für das Terrortrio besorgt hat. Im Herbst stieg er aus der rechten Szene aus. Er erklärt: „Weil ich meine Homosexualität nicht ausleben konnte.“

Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.

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