Wie eine ausgequetschte Zitrone
Alev Bahadir
Die Empörung der Eltern ist groß. Allein im vergangenen Schuljahr 2011/12 fand jede zehnte Unterrichtsstunde an deutschen Schulen nicht regulär statt, so eine Studie des Deutschen Lehrerverbandes (DL). Eine schnelle Besserung scheint auch nicht in Sicht. Die rheinland-pfälzischen Lehrerverbände sagen einen regelmäßigen Ausfall von zwei Prozent aller Schulstunden im Bundesland voraus. Insgesamt gäbe es 800 Lehrstellen zu wenig in Rheinland-Pfalz. Doch die rheinland-pfälzische Regierung will weiterhin „gekonnt“ sparen. Lehrer, die neben ihrer alltäglichen Arbeit an ihren Schulen noch Luft haben, sollen nun als Vertretungslehrer eingesetzt werden.
Auch in Bayern sehen sich besorgte Eltern und Lehrer vom stetigen Unterrichtsausfall bedroht. Das Kultusministerium gab bekannt, dass an Gymnasien innerhalb von drei Wochen 2,9 % der Unterrichtsstunden ausgefallen sind. Kultusminister Ludwig Spaenle gab jedoch an, dass sich der Unterrichtsausfall im Vergleich zu den vorherigen Jahren reduziert hätte. Josef Kraus, Vorsitzender des DL erklärte jedoch, zu wessen Lasten das möglich war: „viele Kollegen werden sich vorkommen, wie eine ausgequetschte Zitrone, die man noch weiter ausquetscht“. Denn damit die Stunden nicht ausfallen, werden nicht neue Lehrkräfte eingestellt, sondern die bereits vorhandenen bis zum Schluss „ausgequetscht“. Diese müssen mehr und vor allem auch härter arbeiten. Das ganze Klassen einfach zusammengelegt werden, ist an deutschen Schulen keine Absonderlichkeit mehr. So kann es vorkommen, dass ein Lehrer 60 Schüler auf einmal unterrichten muss. Angenehmes Lernen stellt man sich anders vor.
In Baden-Württemberg wurde sogar vor kurzem bekannt, dass die grün-rote Regierungskoalition plant, etwa 11600 Lehrerstellen zu streichen.
In den anderen Bundesländern sehen die Bedingungen nicht besser aus. Im Bildungssektor wird nach wie vor „gespart“. Der DL stellt klar, dass mehrere zehntausend junge Lehrer ohne Beschäftigung seien. Die Notwendigkeit für diese Lehrer besteht auch. Der Trend jedoch liegt mittlerweile bei befristeten Arbeitsverträgen. Allein in Rheinland-Pfalz sollen nun, laut der GEW, 2000 Lehrer bis zum Sommer befristet eingestellt werden. Daraufhin werden sie wieder gekündigt, nur um anschließend nochmal befristet eingestellt zu werden. „Die rheinland-pfälzische Bildungsverwaltung entwickelt sich zusehends zu einer Zeitarbeitsfirma“, so der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Gerhard Bold. Statt die Lehrer von dieser Perspektivlosigkeit zu befreien und somit auch den Schülern eine gute Bildung näher zu bringen, investieren die Regierungen lieber in andere „Projekte“ wie in den Ausbau des Nürburgringes oder das Bahnhofprojekt Stuttgart 21. Zu viel für Lehrer, Eltern und Schüler. Denn wieder sind sie die Leidtragenden. Rheinland-pfälzische Eltern glauben den scheinheiligen Versprechen zur Besserung nicht mehr und haben eine Online-Petition ins Leben gerufen, die sich direkt an den Ministerpräsidenten richtet. „Unterrichtsausfall und Qualitätsmängel sind nicht länger hinnehmbar. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Bildung ist unsere Zukunft!“ heißt es da. Zu recht, denn sowohl Lehrer, Eltern, als auch Schüler sind bereits zu lang wegen der „Geldgier“ der Regierungen „ausgequetscht“ worden!
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