Temme – der Krisenzeuge

Am Dienstag stand Andreas Temme erneut vor dem Oberlandesgericht in München. Der frühere V-Mann befand sich am Tatort als der 21-jährige Halit Yozgat, das mutmaßlich letzte Opfer der NSU-Terroristen, im Internetcafé seiner Familie in Kassel erschossen wurde.

Temme will nichts von dem Mord mitbekommen haben. Temme erklärte auch in seiner ersten Aussage, dass er den jungen Mann nicht kannte. Inzwischen erzählt er, dass er aus der Zeitung von dem Mord erfahren hat und aufgewühlt war, weil ”der Halit ein netter junger Mann war“. Temme meldete sich auch damals nicht bei der Polizei, obwohl nach ihm gesucht wurde. Temme hatte auch abgestritten, am Tattag im Café gewesen zu sein. Man kann mit Gewissheit sagen, dass Andreas Temmes Aussagen nicht glaubwürdig sind, aber es ist ungewiss welche Bedeutung sie überhaupt haben.

Die Nebenklage will im Auftrag der Opferfamilien die Rolle des früheren V-Mannes und seine Verbindungen zu den NSU-Terroristen geklärt wissen. Hat Temme für die drei Zwickauer Neonazis Opfer ausgespäht? Hat er von ihnen Aufträge erhalten? Wusste er von der Mordserie? Weiß er mehr über die Rolle von Zschäpe?

Nach dem Mord wurde gegen Temme ermittelt, allerdings wurden die Ermittlungen durch das Eingreifen des damaligen hessischen Innenministers Volker Bouffier beendet. Die Anwälte der Nebenklage wiesen darauf hin, dass man eventuell den Polizistinnenmord hätte verhindern können, wenn man weiter gegen den V-Mann vorgegangen wäre.

Andreas Temme wurde am 1. Oktober verhört und stand nun am 63. Prozesstag erneut vor Richter Götzl. Doch bis er aussagen konnte, vergingen mehrere Stunden. Die Anwälte der Nebenklage forderten die Aufnahme der gesamten Akten über Temme in den Prozess. Sie beschwerten sich darüber, dass nur ein Teil der Dokumente mit in die Verhandlung aufgenommen wurden. „Bis Juni hatten wir Einsicht in alle Akten und konnten sie kopieren. Danach wurden uns einige Akten verwehrt, weil man sie als irrelevant eingestuft hat.“, so die Anwälte. Danach wurde der Staatsanwalt ausgetauscht, so der Anwalt der Nebenklage und: „Es ist offensichtlich, dass der Bundesstaatsanwalt uns diese Akten nicht geben möchte. Die Oberstaatsanwälte Diemer und Weingarten müssen offiziell erklären, ob sie uns die Kopien wegen einer Order des Geheimdienstes oder aufgrund von anderem Druck nicht übergeben wollen.“

Nach mehreren Unterbrechungen sagte Andreas Temme aus. Er sagte wieder einmal nichts von Bedeutung. Immer wieder betonte er, dass er sich nicht genau erinnern kann.

Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.

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