Man kann nicht im Streitwagen von Imperialisten für Frieden im Schwarzen Meer eintreten
Man kann nicht im Streitwagen von Imperialisten für Frieden im Schwarzen Meer eintreten
Ercüment Akdeniz
Die Region Donbass wird von der Ukraine als „verlorenes Territorium“ angesehen. Und Russland hegt langfristige Pläne, um sie in ihre Föderation aufzunehmen. Der jetzt wieder entflammte Konflikt um diese Region sorgte dafür, dass sich sämtliche Imperialisten über Donbass stürzen.
Zunächst meldeten die USA bei türkischen Behörden, dass sie zwei ihrer Kriegsschiffe durch die Meerengen ins Schwarze Meer verlegen wollen. Die USA wollen also als Schutzherr der Ukraine im Schwarzen Meer patrouillieren, während Russland ihre Truppen an die Grenze verlegt und Stärke demonstriert.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besuchte vor zwei Tagen die Türkei. Im Anschluss an die Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan erklärten beide Seiten, das Schwarze Meer sei ein „Gewässer des Friedens“ und man wünsche sich eine Deeskalation. Diese Erklärung widerspiegelte allerdings nicht ganz die Wahrheit.
Selenskyj hatte bei der letzten Wahl in der Ukraine 73 Prozent der Stimmen erhalten und ist ja bekanntlich ein Komiker. Seine Rolle in der satirischen Fernsehserie „Diener des Volkes“ ebnete ihm den Weg zum Präsidentenpalast. Der vom Monopolkapital geschürte ukrainische Nationalismus sorgte dafür, dass die Ukraine mit gestärktem Selbstbewusstsein in die „historisch entscheidende Schlacht“ gegen Russland zog. Allerdings war der Gegner eine imperialistische Großmacht. So konnte die Ukraine seinen russischen Gegner nicht herausfordern, ohne sich auf den EU- und US-Imperialismus zu stützen.
Nach seiner Amtsübernahme ging Biden mit neuen Belagerungsbeschlüssen nicht nur gegen China vor, sondern versuchte auch Russland in die Enge zu treiben, indem er die Ukraine als Trumpfkarte einsetzte. Dies wiederum war ein großes Geschenk für den ukrainischen Nationalismus. Aus diesem Grund dient der Besuch Selenskyjs in der Türkei nicht dem Frieden, sondern eher dazu, vor dem Hintergrund neuer Kriegsszenarien neue Bündnisse und Deals zu schmieden. Dass man dabei der türkischen Rüstungsindustrie lukrative Geschäfte in Aussicht stellte, ist ebenfalls Teil dieses Deals. Dabei vertrat Selenskyj nicht nur die Ukraine. Denn die Karten, mit denen er spielt, weisen auf den US- und EU-Imperialismus als seine Stützen hin.
Selenskyj ist nicht der Einzige, der die Türkei in ein Kriegsabenteuer im Schwarzen Meer einlädt. Auch wenn es noch nicht zu dem ersehnten, ersten Telefonat von Biden mit Erdoğan gegeben hat, erhält die türkische Seite genügend Botschaften aus den USA. Und der Besuch Selenskyjs in Istanbul ist eine dieser Botschaften. Das Thema stand auch beim hochrangigen Besuch der EU wenige Tage zuvor auf der Tagesordnung. Die von den USA angeführte, größte Kriegsorganisation der Welt, die NATO, zwingt die Türkei, endlich eindeutig gegen Russland Farbe zu bekennen. Die Erdoğan-Regierung wird gedrängt, das Bündnis mit Russland zu kündigen.
Die derzeitige Situation ist also weder für Erdoğan, noch für die Befürworter des Neoosmanismus geeignet, den Traum von neuen „Eroberungszügen“ aufrechtzuhalten. Als die AKP-Strategen sich für eine Engagement im Syrien-Konflikt ausgesprochen hatten, träumten sie von einer schnellen Eroberung Syriens und begründeten ihre Strategie damit, dass die USA ihre alte Stärke verloren hätten und sich das Kräftegleichgewicht in der Region verlagert habe. Das werde die Türkei zu einer Supermacht machen. Heute vertritt niemand mehr diese kühne Meinung. Auch im Schwarzen Meer stimmen sie nicht mehr in diese Schlachtrufe ein. Der Pragmatismus von Erdoğan und seiner AKP baut der auf einer expansionistischen Außenpolitik auf, nach der die Türkei im Streitwagen von Imperialisten in den Krieg ziehen soll. Doch so einfach ist es längst nicht mehr und die Türkei sieht sich immer stärker dazu gedrängt, endlich Farbe zu bekennen. Dass man sich von Fall zu Fall für eine andere imperialistische Seite entscheidet, ist nicht mehr ohne weiteres möglich.
Und auch Russland wartet die Entwicklungen nicht untätig ab. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zakharova, wies eindeutig auf die roten Linien Russlands in Bezug auf die Meerengen und den Vertrag von Montreux hin. Und auch der türkische Tourismus und die Landwirtschaft, die stark unter der Corona-Pandemie leiden, werden durch die Entscheidungen Russlands stärker in Mitleidenschaft gezogen. Nicht zuletzt ist noch die Frage des russischen Luftabwehrsystems S-400 auf der Tagesordnung, die ein weiteres Druckmittel darstellt.
Die Herrschenden versuchen, den Konflikt zwischen den Kräften des Monopolkapitals als einen „Nationalkampf“ zu vermarkten und so die Völker für ihre Kriegspläne zu gewinnen. Dabei stehen die Interessen der Monopolkapitalisten einerseits und der Arbeiterklasse und verarmten Völker andererseits im völligen Gegensatz. Während die Konzerne für ihre Gewinne hinter neuen ausbeuterischen Kriegen und Raubzügen her sind, geht es der Arbeiterklasse und den Werktätigen um Arbeit, Brot, Frieden, Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit. Genauso stecken hinter dem Projekt „Kanal Istanbul“, das als ein „nationales Großprojekt“ lanciert wird, die Interessen der arabischen und „einheimischen“ Großbourgeoisie. Der Kanal, auf dem man trotzt der Bürgerproteste besteht, soll zugleich neuen Kriegsstrategien der Imperialisten dienen. So wird die Türkei in ein neues Kriegsabenteuer getrieben.
Die Arbeiterklasse und die Bevölkerung in der Türkei müssen sich gegen die Kriegsszenarien im Schwarzen Meer stellen. Wir müssen uns nicht für die Seite des US-Imperialismus, der NATO, der so genannten eurasischen Lagers oder des russischen Imperialismus entscheiden. Wer einen solchen Irrtum begeht, wiederholt den Fehler der sozial-chauvinistischen und nationalistischen linken Parteien der 2. Internationale. Sich für ein solches Übel zu entscheiden, tappt in die Falle der AKP, die eine „nationale und einheimische Opposition“ propagiert.
Eine unabhängige und wirklich demokratische Türkei – dieses Ziel müssen wir unbeirrt verfolgen. Unser Kampf beruht auf dem Grundsatz vom Internationalismus, der sich auf die Einheit von Arbeitern und Werktätigen aus unterschiedlichen Ländern und Nationalitäten stützt. In unserem Kampf ist kein Platz für nationalistische und chauvinistische Hetze. Er erfordert einen konsequenten Kampf gegen den Imperialismus und den Einsatz für das friedliche Zusammenleben von Nachbarländern und -völkern. Nur so können das Schwarze Meer und das Mittelmeer zu Gewässern des Friedens werden.
Also noch einmal: Nein zum Krieg und imperialistischen Deals im Schwarzen Meer!
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