„Angst um die Zukunft“

Die Vertreter von türkischen Dachverbänden wie RTS, MÜSIAD, ATIB und VIKZ in Deutschland haben sich nach der NSU-Mordserie, der Beschneidungsdebatte und aktuell der “Vermisst“-Kampagne mit der  deutschen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger  (FDP) getroffen. Yaşar Bilgin, der Vorsitzende der Rat der türkischen Staatsbürger in Deutschland (RTS), und Ali Uzun, Vorsitzende der Verein unabhängiger Industrieller und Unternehmer (MUSIAD), nahmen an der Sitzung mit gut gefüllten Akten teil und informierten danach in einer Erklärung über den Inhalt des Zusammentreffens.

Offen ausgesprochen

Bilgin erklärt, dass er der Ministerin eine Akte mit wissenschaftlichen Abhandlungen zum Thema Beschneidung und NSU-Morde übergeben hat und: „Außerdem befinden sich darin Informationen und Bilder über die medizinische Durchführungen von Beschneidungen. Wir haben der Ministerin offen gesagt, dass wir jeden Tag mit einem neuen Thema konfrontiert werden. Wir fühlen uns nicht mehr sicher und haben Bedenken vor der Zukunft.“ Bilgin ging auch auf die “Vermisst“-Kampagne des Bundesinnenministeriums ein.

Nicht akzeptabel

Nach der Mordserie der NSU trägt nun auch die Plakatkampagne des Bundesinnenministeriums zu Verunsicherung bei, so Bilgin. „Die Plakatkampagne ist schlimmer und beängstigender als die NSU-Mordserie. Der Staat verkündet eigenhändig Muslime als potentielle Straftäter. Dies ist nicht akzeptabel.“ Bilgin erklärt, dass die Justizministerin die “Vermisst“-Kampagne nicht kannte und schockiert über die Plakate war.

Eigentor

Mit der neusten Aktion haben die Deutschen ein Eigentor geschossen, so Bilgin und fügt hinzu: „Auf der einen Seite braucht man diese Menschen in der Zukunft als Bevölkerung und als qualifizierte Fachkräfte, auf der anderen Seite diskriminiert man sie. Was soll das?“ Bilgin weiter: „Entweder sabotieren einige bewusst die Politik oder sie schießen unbewusst Eigentore.“ Zum Thema Beschneidung sagte er, dass die Justizministerin eine gesetzliche Regelung noch in diesem Jahr versprochen hat.

Der MÜSIAD Vorsitzende Ali Uzun erklärt, dass sie die Justizministerin über die Zukunftsängste der Menschen informiert haben und: „Die letzten Aktionen sind tragisch-komische Entwicklungen“. ATIB Vorsitzende Ihsan Öner sagt: „Wir haben offen und klar gesprochen und gesagt, dass diese Plakate uns mit unseren deutschen Nachbarn in eine feindschaftliche Beziehung rücken.“

Die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberber erklärte: „Genauso wie die Muslime gehört auch der Islam zu Deutschland. Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Wurzeln bereichern die Kultur unseres Landes. Jeden Tag leben mehr Kinder in Deutschland, deren Familien im Ausland verwurzelt sind. Dieses Wachstum wird aus demographischen Gründen weiter steigen. Die Verunsicherung der türkischen und muslimischen Gemeinde nach der NSU-Mordserie und der Haltung der Sicherheitsbehörden in diesem Fall hat mich bestürzt. Wir müssen gegen Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung alles tun, was in unserer Macht liegt. Um eine richtige Regelung für die Beschneidungsfrage zu finden, tauschen wir uns mit allen Betroffenen aus und arbeiten intensiv an einer schnellen Lösung. 50 Jahre nach dem Anwerbeabkommen zwischen der Türkei und Deutschland gibt es immer noch keine Chancengleichheit zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Für sie ist es immer noch schwer in Berufen mit viel Verantwortung wie in den Politik, Medien oder Wirtschaft weiterzukommen. Die ganze Gesellschaft muss sich bemühen, damit Chancengleichheit herrscht und Diskriminierung wirklich bekämpft werden kann.“

Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *