“Türke sells”
von Mikdat Karaalioglu, Chefredakteur der Sabah-Europa-Ausgaben
Bisher war das einfachste und grösste Thema der Boulevard-Medien, um Auflagen zu steigern, bekanntlich die Sexualität. Bei Medien-Vermarktung hieß es einfach „sex sells“. Nach dem Sarrazins Buch, in dem er vor allem die Türken in Deutschland angreift, millionenfach verkauft wurde, scheint ein solcher Begriff für die Vermarktung der Boulevard-Medien nicht mehr ausreichend. Die jetzige Richtung heisst Türken. Warum sollten bestimmte Zeitungen und Zeitschriften davon nicht profitieren? Die populistische Berichterstattung der Bild-Zeitung, die eine gewisse Grenze der Moral überschreitet, hat auch andere seriöse Medienorgane des Landes dazu animiert, in ihrer Zeitung das Gleiche zu tun, mit der Begründung: „Wir diskutieren nur darüber“. Wenn es um die Debatte der Türken geht, sinkt das Niveau der deutschen Medien erheblich. Das war zuletzt wieder festzustellen, als der Bundespräsident mit einem Schnauzbart und einem Fes auf dem Kopf auf dem Titelblatt der Focus abgebildet wurde. Das zeigt einfach, dass, wenn es um Türken geht, journalistische Kreativität nicht wirklich von Bedeutung ist.
Volkssport Ausgrenzung
Es war ja nicht zu erwarten, dass die Politik den „Nutzen“ den Medien überlassen würde. Neben den Spitzenpolitikern der CDU und CSU, die unter dem ständigen Schwund ihres Wählerpotentials leiden, hat sich auch SPD-Chef Sigmar Gabriel von der Migrationsdebatte mitreißen lassen. Sogar Politiker wie Angela Merkel und Westerwelle, die bisher mit einer relativ gesunden Art aufgetreten waren, haben sich aufgrund des günstigen politischen Klimas den Reihen der Migrantenkritiker angeschlossen. So ist es nun zum Volksport geworden, den Teufel in Deutschland zu steinigen, der von den Medien erschaffen wurde. Mit dem Ergebnis, dass in einem Land wie Deutschland, das als eine der vorbildlichsten Demokratie Europas, ja sogar der Welt, gilt, über 50% der Bevölkerung für die Eingrenzung der Rechte der islamischen Minderheit gestimmt hat. Das ist nun der allerletzte Stand der Dinge.
Keine Toleranz durch Gesetze
Kein Gesetz kann jemanden zur Toleranz zwingen. Toleranz gegenüber Anderen hat mit moralischen Verhalten und Gewissen zu tun. Durch künstlich erzeugte Angst gegenüber Türken im Lande können weder das längst ersehnte Wählerpotential noch die Leserzahl erreicht werden. Dies ist ganz sicher keine Integrationsdebatte. Ich weiss auch nicht, welchen Zweck diese Debatte, bei welcher jegliche Couleur des kulturellen Rassismus offen dargestellt wird, erfüllt. Klar ist jedoch, dass es nicht zum Zusammenleben beiträgt. Das kann nicht das Niveau der deutschen Debattenkultur sein. Die Weisen in Deutschland müssen diesem Wahnsinn endlich ein Ende setzen!
Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.