Der Wangenkuss ist eine Kriegserklärung / Von Karen Krüger

Im Nachtleben von Istanbul müssen Mann und Frau ganz eigenen Gesetzen gehorchen. Es herrscht ein delikates Geschlechtergleichgewicht. Wer es stört, bekommt schnell Ärger. Ein Streifzug durch die Jagdgründe der Liebe.

Wenn es Nacht wird in Istanbul, wenn die Stadt sich verwandelt und ihre Hauptdarsteller austauscht für das Schauspiel der Dunkelheit, geht es nur noch um eines: um die Liebe und um ihre Unmöglichkeit. Was gesellschaftliche Konventionen im Alltag verkomplizieren, leben die westlich orientierten Stadtbewohner in der Dunkelheit aus. Die Nachtclubs sind das Jagdrevier. Wie überall auf der Welt gibt es klare Regeln. Nur dass sie in Istanbul vielleicht strenger, weniger fließend als andernorts sind. Die türkische Moderne ist jung, und das Land ist bis heute von krassen Gegensätzen geprägt. In Istanbul prallen sie aufeinander. Die Stadt ist extrem westlich, gleichzeitig herrscht eine oft bedrückende, gesellschaftliche Enge. Es gibt Milieus, in denen noch immer die Eltern das vermeintliche Glück arrangieren. Die Möglichkeiten zum zwanglosen Flirten und Kennenlernen sind begrenzt. Auch deshalb sind die Gesetze im Kampf um das andere Geschlecht härter. Ganz gleich, was man im Sinne hat – sobald man sich in einen Nachtclub und damit in eine der wichtigsten Arenen des Liebeswerbens begibt, gilt man automatisch als Rivale. Das kann sehr anstrengend sein.

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