Wir wollen die Familien unterstützen und nicht trennen
Der erste türkischstämmige Jugendamtsleiter Ertunc Deniz erklärte gegenüber SABAH: „Bei den Türken herrscht das Vorurteil, dass das Jugendamt ihnen ihre Kinder wegnehmen will. Dabei ist unser Hauptziel Jugendlichen, die Probleme mit ihren Familien haben, psychologische Hilfe zu geben, damit sie ein gesundes und zufriedenes Leben führen können“.
Deniz fing während seines Studiums an beim Jugendamt zu arbeiten und wurde letztes Jahr Leiter des Jugendamtes in Hemer in der Nähe von Isterloh. Der 31-jährige betont, dass es Missbräuche geben kann und sagt: „Mindestens drei Pädagogen setzen sich zusammen und entscheiden darüber, ob ein Kind seiner Familie weggenommen wird oder nicht. So eine Entscheidung zu treffen ist viel schwieriger als man denkt. Die entscheidenden Pädagogen sind sich im Klaren darüber dass sie bei einem Fehlurteil dem Staatsanwalt gegenüber stehen werden“.
Mädchen werden ernst genommen
Sie müssen handeln, bevor den Kindern was Schlimmes passiert, so Deniz und: „Sicherlich wird das Jugendamt kein Kind der Familie wegnehmen, weil es eine Ohrfeige bekommen hat. Aber es wird geschaut, ob die Ohrfeige sich wiederholt. Wenn die Familie davon spricht, dass sie in Wut agiert hat, wird ihnen geholfen. Wenn sie ihr Versprechen nicht einhalten, wenn es ernste Gewalt und sexuellen Missbrauch gibt, können die Kinder ihren Familien weggenommen werden. Außerdem nehmen wir junge Mädchen sehr ernst, die Gewalt erleben und auf gar keinen Fall ihre Familien sehen wollen“.
Es gibt keine Assimilation
Türkische Familien müssen vorsichtig mit dem sein, was sie in Jugendämtern und vor zuständigen Beamten sagen, so Deniz und „Alles, was gesagt wird, wird schriftlich festgehalten“. Dass der Staat eine Assimilationspolitik verfolge und türkische Kinder bevorzugt in christlichen Familien unterbringt, widerlegt Deniz mit der Erklärung: „Es gibt zu wenige türkische Familien, die dem Jugendamt als Pflegeeltern zur Verfügung stehen“. In den drei Jugendämtern, in denen Deniz gearbeitet hat, gab es keine einzige türkische Pflegefamilie.
Unbekannte Rechte
Nach dem 5. Artikel des Sozialgesetzbuches können Familien, denen die Kinder weggenommen wurden, Sozialberatung in ihrer eigenen Sprache beantragen, so Deniz und „Nach dem gleichen Gesetz können die Eltern auch die Unterbringung ihrer Kinder in eine türkische Familie beantragen, soweit welche zur Verfügung stehen“. Ertunc Deniz sagt, dass sie in den Jugendämtern darauf bestehen, dass die Eltern deutsch mit ihren Kindern sprechen: „Ein Vater kann mit Sprüchen wie `Deine Mutter ist eine schlechte Frau´ das Kind psychisch verstören. Und nicht in jedem Jugendamt gibt es türkischsprachige Mitarbeiter wie bei uns!“
Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.