Stellenabbau bei Giesecke & Devrient Eine Familie „beschließt“, 800 Familien leiden!
Als Hersteller von Banknoten und Kreditkarten gilt der Technologiekonzern Giesecke & Devrient, welches sich im Familienbesitz befindet, als internationaler Marktführer in ihrem Bereich. Mit ihrem Firmensitz in München hat das Unternehmen 1,83 Mrd. Umsatz im Jahr.
Trotz der verbuchten Milliardenumsätze gab das Unternehmen am 11. Dezember vergangenen Jahres bekannt, dass am Standort München über 800 Plätze abgebaut werden sollen. Betroffen sind davon die komplette Produktion mit rund 300 Mitarbeitern und das Dienstleistungszentrum mit rund 500 Mitarbeitern. Eine zusätzliche psychische Belastung ist dadurch gegeben, dass die Mitarbeiter noch nicht einmal wissen, wer entlassen werden soll. Von rund jedem Dritten ist die Rede. Eine Aussage, welche die Mitarbeiter im Ungewissen lässt und täglich mit Angst konfrontiert, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren könnten. Als Grund für diese Entscheidung wurde der „zu teure Standort“ genannt, obwohl das Unternehmen am Standort München auf eigenem Grundstück mit einem Wert von rund 600 Millionen Euro produziert. Eine Entscheidung welche sehr plötzlich kam und die Mitarbeiter mehr als überraschte.
„Standort zu teuer“
Bis Ende 2015 soll also die Produktion komplett geschlossen und das Dienstleistungszentrum von München nach Coburg verlagert werden. „Das Verlagern des Dienstleistungszentrums heißt nichts anderes, als die Grundlage dafür zu schaffen, diesen Bereich aus dem Unternehmen auszugliedern, um eine eigenständige GmbH zu gründen. Unter diesem Deckmantel will das Unternehmen neue Mitarbeiter, allerdings „tariffrei“ und somit als Billigarbeitskräfte einstellen können“. so Peter Stark, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei ver.di.
Die Fronten sind natürlich geklärt. Dem Unternehmen liegt nur der eigene Profit am Herzen. Auf Kosten der eigenen Mitarbeiter wird auf heuchlerische und unehrliche Art und Weise versucht, den Profit zu maximieren. Dass dabei rund 800 Familien die Existenzgrundlage vernichtet wird, spielt für die Unternehmer keine Rolle. Dem sind sich selbstverständlich auch die Betroffenen Arbeiter bewusst. Was die Haltung der Geschäftsführung erfordert, die zu keinerlei Verhandlungen und Entgegenkommen bereit ist, liegt auf der Hand. Entschlossener, organisierter Arbeitskampf!
Verhandlungen vom Arbeitgeber abgelehnt
So teilte die gewerkschaftlich organisierte Belegschaft von G&D am 10. Januar ihre Forderung nach dem Erhalt der Arbeitsplätze in der Produktion mit. Zudem fordert die Belegschaft sowohl die Umlagerung nach Coburg als auch eine Umstrukturierung in Billiglohnländer zu stoppen. Mit dieser klaren Botschaft forderte die ver.di die Geschäftsführung an den Verhandlungstisch. Jedoch lehnte der Arbeitgeber Verhandlungen strikt ab, trotz zusätzlich angebotener Alternativen Seitens der ver.di um Kosten sozialverträglicher zu sparen. Zurück bleibt als leere Phrase der Auszug aus dem G&D-Leitbild: „National und international setzen wir uns zum Ziel, ein verantwortungsvoller und verlässlicher Arbeitgeber zu sein. Die Förderung des Engagements und der Zufriedenheit unserer Mitarbeiter, eine Arbeitswelt frei von Diskriminierung und die gleichen beruflichen Chancen für alle stehen für uns an erster Stelle.
Bis Mitte Februar hatten bereits mehrere Aktionen der Arbeiter vor den Toren von G&D stattgefunden, bei denen sie ihren Forderungen Ausdruck verschafften.
Am 11. Februar riefen ver.di und die Beschäftigten von G&D zu einer Protestkundgebung am Münchner Marienplatz vor dem Rathaus auf. Mit einer Beteiligung von über 500 Teilnehmern forderte man die „Wertschätzung eines jeden Mitarbeiters“ und machte öffentlich nochmal klar, dass die Belegschaft bereit ist für ihre Forderungen zu kämpfen.
Um den Ernst der Situation auch auf Seiten des Arbeitgebers klar zu machen wurde am 24. Februar erstmals für 24 Stunden gestreikt. An dem Streik beteiligten sich 270 Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen, die von den Kürzungsmaßnahmen betroffen sind. Der Rückhalt aus der Belegschaft und die anhaltende abweisende Haltung des Arbeitgebers sorgte für die Verlängerung des Streiks auch am darauffolgenden Tag.
Hand in Hand ermutigte sich die Belegschaft im wahrsten Sinne des Wortes, mit neuen Protestformen, wie der Menschenkette vor dem Betrieb am 13. März. Als von dem Arbeitgeber immer noch kein Signal des Entgegenkommens kam, verliehen die Arbeitnehmer mit einem zweitägigen Warnstreik ihrem Protest Nachdruck.
„Angebote keinesfalls akzeptierbar“
Aktionen wie die Menschenkette und Warnstreiks wurden bis Mitte April mehrfach wiederholt. Bis dahin wurden von der Geschäftsführung nur Angebote gemacht, die wie uns ein Mitarbeiter berichtet, der bereits seit über 20 Jahren in dem Unternehmen arbeitet „moralisch nicht vertretbar und keinesfalls akzeptierbar“ sind. „Was erwartet die Geschäftsführung? Wir werden uns nicht mit Abfindungen zufrieden geben die sich unter der gesetzlichen Mindestprozentrate des Bruttoeinkommens befinden. Ich bin 59 Jahre alt. Wie soll ich in diesem Alter noch einen Job finden?“ fährt er fort.
Ab Mitte April traten die Beschäftigten von G&D in den Streik mit offenem Ende. In der Produktion, in der 300 von 300 Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert sind, ist man bereit, auf einen lange andauernden Arbeitskampf. Jeden Tag versucht die Geschäftsführung Streikbrecher in die Tore von G&D zu chauffieren. Dem stellt sich der eiserne Kern der Streikenden, die sich an jedem Wochentag ab 6 Uhr in der Früh vor den Toren einfinden, entgegen. Mit Flyern in der Hand, informieren sie die Streikbrecher über ihre Situation und die sture Haltung der Geschäftsführung. Mit Entsetzen finden die Kollegen innerhalb des Betriebs ein Schreiben in dem von der Geschäftsführung jedem 10€ pro Stunde geboten wird, um die Arbeit zu ersetzen, die nicht getan wird. Weiter noch ist die Geschäftsführung bereit, Mitarbeiter aus ihrem Urlaub einzufliegen, um sie als Streikbrecher einzusetzen. Obwohl auch deren Arbeitsplätze nicht sicher sind. Jedoch zählt dieses unsolidarische Verhalten zum Glück als Ausnahmefall. Der Zusammenhalt der Beschäftigten ist sehr beeindruckend. Sogar unternehmen- und bereichsübergreifend. Nicht zuletzt als Beschäftigte der Epcos AG in München nach ihrer Nachtschicht als Unterstützung mit 60-70 Leuten vor die Tore von G&D kamen. Gemeinsam tanzten die Kolleginnen und Kollegen von IGM und ver.di, verteilten Flugblätter, blockierten den Zugang für die Streikbrecher und zeigten, wozu die Beschäftigten fähig sind, wenn sie sich gemeinsam organisieren, um für bessere Arbeitsbedingungen und eine Zukunft die nicht geprägt ist von Existenzängsten zu kämpfen.
Ferhat Kirmizi, Betriebsrat bei G&D, der sich in den Planungen der Aktionen und einer Demonstration am 19. Mai befindet, erklärt „Ich möchte allen Freunden sagen, dass man in solchen Momenten an einen Punkt gelangen kann, wenn man sich zusammenschließt, Eins wird, gemeinsam ist.
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