Eine Perspektive für die Jugend
100 % unbefristete Übernahme der Auszubildenden! Mit dieser Einstellung, ging der Betriebsrat vom Bosch Feuerbach mit der Personalabteilung in die Verhandlungen. Die Forderung war gerechtfertigt, da der Standort von Bosch in Feuerbach genug Arbeit hat und die Belegschaft Überstunden aufbauen muss. Doch die Firma stellte sich in den ersten Verhandlungen quer und wollte nur 30 von 104 Auszubildenden unbefristet übernehmen. Das fanden die Auszubildenden, die Jugend-Auszubildenden-Vertretung (JAV) und der Betriebsrat inakzeptabel und forderten mehr. Schließlich sei die Grundregel von Bosch die unbefristete Übernahme für alle Auszubildenden.
Um dieses Ziel zu erreichen entschloss man sich an die Öffentlichkeit zu gehen. Man verteilte Buttons und Flugblätter an die Belegschaft, um sie über diese Situation aufzuklären, war im Internet bei Facebook präsent, wurde öfter in Zeitungen und Radio erwähnt. Des Weiteren fanden vor dem Haupteingang Mahnwachen statt, wo täglich ungefähr 100 Mitarbeiter um 12.00 Uhr anwesend waren. Nach Meinungsäußerungen der Mitarbeiter, fanden sie es auch wichtig, die Auszubildenden zu übernehmen, der Jugend eine Perspektive zu geben und nicht einfach nach der Ausbildung auf die Straße zu setzen. Die IG-Metall hat die Verhandlungen mit der Kampagne „Operation Übernahme“ unterstützt. Das alles trug dazu bei, dass die Geschäftsleitung einlenken musste und mit der 100-prozentigen Übernahme der Auszubildenden für die nächsten drei Jahre (bis 2013) einverstanden war. Jeder Auszubildende erhält nun eine unbefristete Übernahme und somit eine hart erkämpfte Perspektive.
Ali Haydar Kaya, 21 Jahre alt, Essen
Ich mache eine Ausbildung als Kaufmann im Groß- und Außenhandel und bin im zweiten Lehrjahr. Am 1. Oktober werde ich auf jeden Fall an der Demonstration in Köln teilnehmen. Schließlich sind wir Auszubildenden diejenigen, die keine Garantie nach ihrer Lehre haben. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob ich nach drei Jahren in meinem Betrieb übernommen werde. Ich möchte nicht nach drei Jahren arbeitslos sein. Ich verstehe sonst den Sinn einer Ausbildung nicht. Man muss sich das so vorstellen: Ich arbeite drei Jahre lang wie ein normaler Arbeiter, verrichte dieselbe Arbeit wie sie, wenn nicht sogar um nicht zu sagen „die Drecksarbeit“ und werde so wenig wie möglich bezahlt. Ich bin eine billige Arbeitskraft, verkaufe im wahrsten Sinne des Wortes meine Arbeitskraft am billigsten und werde ausgenutzt. Wenn ich am 1. Oktober an der Demonstration nicht teilnehme, dann heißt es, dass ich mich mit meiner Situation glücklich schätze. Deswegen möchte ich mich für meine Rechte einsetzten und meine Stimme erheben. Eigentlich sollten alle Jugendlichen an diesem Tag auf die Straßen, denn nur gemeinsam können wir zeigen, dass wir etwas verändern wollen. Jugendliche in anderen Ländern haben es uns vorgemacht, am ersten Oktober ist der Beginn bei uns und am 17. November geht es dann weiter mit dem Bildungsstreik, denn da werde ich auch dabei sein. Es ist unsere Verantwortung und unsere gemeinsame Zukunft. Wir können unsere Ziele nur erreichen, wenn wir Arbeiter, Azubis, Studenten und Schüler zusammenhalten!
Isa As (18) ist im 3. Lehrjahr zum Fertigungsmechaniker bei Daimler AG/ Mercedes Benz in Mannheim
Ich finde, dass „Operation Übernahme“ eine sehr gute Aktion ist. Ich bin der Meinung, dass wir Azubis Unterstützung brauchen, gerade weil viele nach der Ausbildung einfach nicht übernommen werden und ohne einen Arbeitsplatz da stehen. Deshalb finde ich es sehr gut, dass wir diese Unterstützung von der Gewerkschaft bekommen, gerade weil die auch viel zu sagen haben. Aber es ist auch bemerkenswert, dass nicht nur Gewerkschaften und Azubis da mitmachen, sondern auch Schüler und Studenten, sowie Organisationen wie die DIDF-Jugend die Kampagne unterstützen. Die Idee der Veranstaltung ist auch gut, also dass zuerst zusammen marschiert und dann gefeiert wird. Nur eine Demonstration hätte wahrscheinlich, besonders die Jugendlichen, nicht so sehr angesprochen, aber wegen dem Fest mit so bekannten Acts wollen viele Jugendliche mitkommen und an der Aktion teilnehmen. So werden diese Jugendlichen dann wachgerüttelt und werden vielleicht auch erst vor Ort erkennen, wie wichtig eigenes Engagement ist.
Nedim Demir, 20 Jahre alt, Azubi bei Porsche, Stuttgart
Bei uns in der Firma wurde das Thema auch mal angesprochen, dass es eine Kampagne von der IG-Metall Jugend gibt, mit der Forderung für Übernahme und Festanstellung der Azubis. Doch viele der Azubis waren sich nicht einig, so eine Kampagne zu unterstützen. Das lag jedoch an den JAV-Mitgliedern, die die Kampagne wenig thematisierten. Abgesehen davon haben wir als Azubis mitbekommen, dass neu ausgelernte Mitarbeiter nicht übernommen wurden. Nur bestimmte Azubis, die vielleicht besser in der Berufsschule waren, hatten die Möglichkeit auf eine Übernahme. Das aber auch nur mit einem befristeten Arbeitsvertrag. Diese Ungerechtigkeit in unserer eigenen Firma hat uns schließlich dazu bewegt, die Kampagne im Nachhinein zu unterstützen. Das positive war, dass viele Jugendliche sich dafür eingesetzt haben und für ihre Zukunft gekämpft haben. Und das hinterlässt natürlich seine Spuren. Es sind viele Jugendliche in unserer Firma, die am 1.Oktober in Köln sein werden. Ich bin auf jeden Fall dabei!
Duran Kamali, 21 Jahre aus Bochum, Azubi
Ich bin nun im vierten Jahr meiner Ausbildung, die 3,5 Jahre dauert. Nach einem halben Jahr werde ich meine Lehre zum Industriemechaniker beenden. Meine Arbeit macht mir Spaß und ich komme mit den Anforderungen sehr gut klar. Eine Gewährleistung, ob ich übernommen werde, habe ich leider nicht, genauso wie die 10 weiteren Azubis bei uns im Betrieb. Ein Konkurrenzkampf zwischen den Azubis gibt es nicht, wir kommen alle gut miteinander aus und sind gute Freunde. Ich finde an der Demonstration am 1. Oktober sollten alle Azubis teilnehmen. Aber auch Mitarbeiter und Gesellen. „Operation Übernahme“ sollte für jeden ein Thema sein und von allen unterstützt werden. Ich finde, es muss eine gesetzliche Regelung geben, die uns Sicherheit gibt, damit Azubis nach der Lehre nicht auf der Straße landen.
Mustafa Mor, 21 Jahre alt, Stuttgart, Jugend- und Auszubildendenvertreter bei der Firma Bosch
Was ist das für ein Leben, wenn man nach der Ausbildung keine sichere Perspektive hat? Man kann sich heutzutage glücklich schätzen, wenn man von der Firma unbefristet übernommen wird. Öfter ist es dann doch so, dass man auf der Straße landet oder man über eine Zeitfirma für einen Hungerlohn arbeitet. Das hat keiner verdient! Deshalb werden wir in Köln gemeinsam „Laut & Stark“ für eine sichere Perspektive nach der Ausbildung demonstrieren. Diese Aktion wird von der IG-Metall unter der Kampagne „Operation Übernahme“ veranstaltet. Die nächsten Tarifverhandlungen rücken schon näher und unsere Forderungen lauten: Unbefristete Übernahme für alle Auszubildenden auf tariflicher Basis!
Da bei den Verhandlungen sicher sehr viel Gegenwind herrschen wird, ist es umso wichtiger, dass viele Leute hinter der Kampagne stehen. Nur gemeinsam können wir was gegen die Perspektivlosigkeit der Jugendlichen nach der Ausbildung machen.
Kim Schöneberger, 20 Jahre alt, Frankfurt
Ich war Azubine im Einzelhandel, habe dies jedoch vor einem Monat gekündigt, weil die Arbeitsbedingungen nicht länger ertragbar waren. Ich hatte schlechte Arbeitszeiten, meine Überstunden wurden nicht bezahlt und ich habe auch dafür keinen freien Tag bekommen, musste zudem sechs Tage die Woche arbeiten. Die Bezahlung war auch sehr schwach. Man könnte schon sagen, dass ich den Mindestlohn bekam. In der Ausbildung habe ich auch nicht wirklich was gelernt, höchstens, wie ich mit der Kasse umgehen muss. Während meiner Ausbildung musste man wöchentlich einen Bericht schreiben, der wiederum wurde nie wirklich kontrolliert. Wenn ich mal krank war und ein Attest vorgelegt habe, hat man mir mit einer Kündigung gedroht und ich wurde auch sehr oft im Laden alleine gelassen, obwohl ich erst im ersten Lehrjahr war. Mein Chef hat mir deutlich klar gemacht, dass er nach der Ausbildung niemanden übernimmt und seine Begründung war, dass ihn das zu viel kosten würde. Der Grund, warum ich an der Demo „Operation Übernahme“ teilnehme, ist, dass solche Erfahrungen, die ich gemacht habe in Zukunft vermieden werden. Die Auszubildenden sollten mehr ernst genommen und mit etwas mehr Respekt behandelt werden. Ich sollte die Garantie bekommen, dass wenn ich eine Ausbildung beginne, auch von meinem Arbeitgeber übernommen werde.
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