Jugendarmut steigt: „warmes Essen ist ein Luxus“
In Deutschland lebt jeder fünfte Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren in Armut oder ist von ihr bedroht. Das sind die ernüchternden Ergebnisse des „Monitor Jugendarbeit 2014“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Jugendsozialarbeit.
In der Studie wurde untersucht, welche Faktoren Armut unter Jugendlichen begünstigt und wie die Situation von jungen Menschen im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt ist. Dabei beschränkten sich die Autoren der Studie nicht ausschließlich auf einen monetären Armutsbegriff. Dieser Armutsbegriff beschreibt alle Menschen, die über ein Einkommen von unter 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesellschaft verfügen. Neben dem verfügbarem Geld Jugendlicher, stand ebenso die gesellschaftliche Teilhabe im Focus der Forscher. Konkret wurde berücksichtigt ob eine Chancengerechtigkeit im Bildungssystem vorhanden ist, Teilhabe junger Menschen an Kunst, Kultur und Sport möglich ist, wie die Chancen auf dem Arbeitsmarkt stehen. Dreiviertel der armutsgefährdeten Jugendlichen können sich keine unerwarteten Ausgaben leisten. Fast 30 Prozent können sich nur jeden zweiten Tag eine warme Mahlzeit leisten. 16 Prozent besitzen keinen Computer.
Migranten und Hauptschüler am stärksten betroffen
Gute Bildung schützt vor Armut. Zumindest in den meisten Fällen. 24 Prozent der Menschen mit niedrigen Bildungsgrad sind von Armut gefährdet. Von den Hochgebildeten nur 8 Prozent. Bildungserfolg hängt in Deutschland wie kaum in einem anderen Industrieland von der Herkunft ab. In der DGB-Zeitschrift „arbeitsmarkt aktuell“ heißt es hierzu „Das Verarmungsrisiko ist offensichtlich längst nicht immer Ausdruck nur eigener beruflicher Integrationsprobleme, sondern relativ oft auf das Fehlen existenzsichernder Arbeitsplätze der Eltern zurückzuführen.“ Nur 29 Prozent der jungen Menschen mit Migrationshintergrund finden einen Ausbildungsplatz, bei solchen ohne Migrationshintergrund sind es 44 Prozent. Aber generell ist die Aussicht auf einen Ausbildungsplatz nicht gerade gut. Kamen 2012 auf 100 Bewerber noch 89 Stellen, so sind es jetzt nur noch 88. Nur 5 Prozent aller Abiturienten finden keine Ausbildung unter Hauptschülern sind es schon 31,6 Prozent und unter denen ohne Hauptschulabschluss sogar 61 Prozent.
Armut trotz oder aufgrund von Reichtum
„Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich!“ heißt es in einem Gedicht von Bertolt Brecht. Dieser Satz drückt das Problem auch aus. Seit Jahren wird die Vermögens- und Einkommensverteilung in Deutschland immer ungerechter. Das reichste Zehntel besitzt zweidrittel des Reichtums in Deutschland, gleichzeitig ist für viele Jugendliche eine warme Mahlzeit Luxus. Weil das ein unhaltbarer Zustand ist fordern die Autoren der Studie gesetzliche Verankerung der Ausbildungsgarantie, mehr Hilfen bei der Ausbildung von Jugendlichen mit erhöhtem Förderbedarf sowie den Wegfall von Sanktionen gegen unter 25-Jährige im Sozialgesetzbuch II, das die Grundsicherung für Arbeitssuchende regelt. Gleichzeitig macht die Studie umso deutlicher, dass ein sofortiger uneingeschränkter Mindestlohn für alle nötig ist, um Armutsvererbung überhaupt nicht erst zuzulassen.
Ali Candemir
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