Gesetzeslockerung zu Gunsten der Pharmakonzerne
Seval Mengi
Mit der Einführung des „Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes“, kurz Amnog, konnte die bisher hohe Preissetzung der Arzneimittel seitens der Pharmakonzerne gesenkt werden. Im Interessenskonflikt der Pharmaindustrie mit den Krankenversicherungen hatte die Bundesregierung einen Kompromiss im Interesse beider Lobby-Gruppen hinbekommen. Durch dieses Gesetz sollten sich Pharmakonzerne mehr auf Forschung und Entwicklung konzentrieren, um die Zulassung der neu entwickelten Medikamente zu erhalten. Damit zählte die willkürliche Preissetzung zur Vergangenheit, doch nun plant die Union, Amnog zu Gunsten der Pharmakonzerne zu lockern.
Pharmakonzerne bestimmen die Preise
Neu entwickelte Medikamente oder Imitate eines bereits existierenden Medikamentes durchlaufen Untersuchungen und Studien des Instituts für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG), um eine Beurteilung zum Nutzen des Arzneimittels zu erhalten. Bei fehlender Überzeugung wird ein Standardpreis festgelegt, während nur bei einer positiven Belegung ein Höchstpreis gesetzt werden kann. Diese Regelung ist den Pharmakonzernen ein Dorn im Auge. Der Preis für das „neue“ Medikament müsse von den Pharmakaherstellern bestimmt werden. Daher haben sie eine Reihe von Änderungsvorschlägen erarbeitet und möchten Amnog aufweichen, was von verschiedenen Seiten, vor allem seitens der Krankenkassen auf Kritik stößt. So sagte der geschäftsführende Vorstand des AOK, Uwe Dehn, über die Wunschliste der Pharmaindustrie und Apothekenlobby: „Wenn man den Vorschlägen nachgeht, die die Arzneimittelbewertung aufweichen sollen, wird der Tiger zum Bettvorleger, bevor er überhaupt gesprungen ist.“ Mit diesen Worten kritisiert Dehn die vielen Versprechungen der Bundesregierung, die bei der Einführung des Amnog gegeben wurden, welche demnach mit einer Aufweichung missachtet seien.
Die Bundesregierung will die Interessen der Pharmakonzerne durchsetzen, indem sie vorher bestimmen will, mit welchem Medikament das neu entwickelte Produkt verglichen werden soll. Ein Problem dabei ist jedoch, dass die Zulassung neuer Medikamente Jahre dauern kann, wobei in der Zwischenzeit die Vergleichsprodukte eventuell schon längst nicht mehr auf dem Markt verfügbar sein können oder eventuell ein neueres und besseres Produkt bereits auf den Markt eingeführt sein könnte.
Leidtragenden sind die Patienten
Während Pharmakonzerne ihre Forschungseinrichtungen in Gefahr sehen und mit Schließung und damit verbunden Arbeitslosigkeit drohen, streitet der Chefprüfer des IQWiG, Doche, die genannten Ängste ab, denn nur Unternehmen, die innovationsfreie Nachahmerpräparate teuer verkaufen wollten, hätten es in Zukunft schwerer.
Wenn man bedenkt, dass Arzneimittelhersteller zwölf Monate nach der Zulassung des neuen Medikaments auf den Markt, eine Berechtigung haben, den Preis nach ihrer Wahl festzulegen, sind ihre genannten Kritikpunkte nicht nachvollziehbar. Eine Betrachtung der Jahresumsätze der größten Pharmakonzerne der Welt und ihre entsprechenden Ausgaben für Forschung und Entwicklung zeigen den hohen Gewinn trotz der Einführung des Amnog. Eines der größten Pharmakonzerne, Sanofi-Aventis aus Frankreich, zeigte einen Jahresumsatz von 46 Mrd. Dollar (2009), während nur 6,5 Mrd. Dollar für Forschungs- und Entwicklungszwecke genutzt wurden. Ein weiteres Beispiel ist die Schweizer Firma Novartis, die 2009 einen Jahresumsatz von 38,4 Mrd. Dollar bei einem Einsatz von 6,3 Mrd. Dollar für Forschung und Entwicklung zeigte. Mit einer Aufweichung des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes will die Politik also die Pharmakonzerne noch mehr beschenken und ihnen die Möglichkeit geben, selber Preise festzulegen, während die Patienten bei einem Kauf von Arzneimitteln nur an ihre Gesundheit denken.
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