Egetürk, ein Paradebeispiel für gesellschaftlich widersprechender Interessen

Egetürk, ein Paradebeispiel für gesellschaftlich widersprechender Interessen

Egetürk ist der größte türkische Fleisch- und Wurstwarenhersteller (insbesondere Sucuk = Knoblauchwurst) in Deutschland. Derzeit macht das Unternehmen mit seinen Union-Busting Maßnahmen gegen den Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzenden, Gülden I., auf sich aufmerksam.

YÜCEL ÖZDEMİR

Der türkische Fleisch- und Wurstwarenhersteller Egetürk mit Sitz in Köln-Feldkassel, ist einer der größten Fleischerwarenunternehmen in der Bundesrepublik. Aktuell sieht sich die Unternehmensleitung dem Fleischerhandwerk zugehörig. Dabei werden die Produkte alles andere als handwerklich produziert. Alle Produkte werden maschinell hergestellt. Egetürk gleicht eher einem Industrie- als einem Handwerksbetrieb. So fordern die Beschäftigten einen Haustarifvertrag. Tatkräftig werden sie dabei von der zuständigen Gewerkschaft NGG, der Gewerkschaft Nahrung–Genuss–Gaststätten unterstützt. Kurz zuvor lagen die Löhne im Mindestlohnbereich und flexible Arbeitszeiten und dauerhafte Überstunden machen die Arbeitsbedingungen besonders schwer. Doch damit sollte Schluss sein. Das erste Mal in der Unternehmensgeschichte bäumten sich die Beschäftigten mit Warnstreiks gegen die Unternehmensleitung auf und die Unternehmensleitung versucht nun mit aller Kraft, dem entgegenzuwirken. Um weitere Warnstreiks zu verhindern, griff die Unternehmensleitung in die Trickkiste und erhöhte die Löhne deutlich.

Wenn der Betriebsrat ein Dorn im Auge ist 

Von diesen Maßnahmen waren allerdings die Betriebsratsvorsitzende, Gülden I., und der damalige Betriebsrat unbeeindruckt. Es geht der Interessenvertretung um die Änderung der Arbeitsbedingungen im Allgemeinen. So ist insbesondere Frau I. ein Dorn im Auge der Unternehmensleitung. So kam es, wie es kommen musste und Frau I. wurde ab März 2020 mit vorgeschobenen Gründen gekündigt und durch eine sehr ominöse Wahl von ihrem Amt als Betriebsratsvorsitzende enthoben.

Klatsche vor den Arbeitsgerichten

In der ersten Güteverhandlung am 04.05.2020 konfrontierte die Richterin den Arbeitgeber mit der Frage, warum man erst jetzt gegen die Betriebsratswahlen angehe. Dies würde für Neuwahlen nicht ausreichen, so die Richterin. Zudem hatte der Kommunikationschef von Egetürk, Ercan Türkoglu, 126 Unterschriften aus der Belegschaft für die Amtsenthebung von Frau I. gesammelt. Aber der „Mann für die Betriebsratsangelegenheiten“ hatte es vergessen, nachzuweisen, dass er der Schriftführer für die Unterzeichner ist.

In derselben Art und Weise ging es im Gütetermin vom 08.05.2020 des Kündigungsschutzverfahrens weiter. Diesmal wurde Türkoglu als Unternehmensvertreter geschickt. Das Arbeitsgericht machte klar, dass er kein Vertreter des Unternehmens sei und gab ihm auf nicht mehr als Prozessbeteiligter für das Unternehmen zu sprechen. In diesem Verfahren warf die Unternehmensleitung Frau I. vor, dass sie sich zu Unrecht an der Betriebsratsarbeit und den Warnstreiks beteiligt und somit das Unternehmen in Unkosten gestürzt habe. Der Kammertermin wurde hier zum 04. September angesetzt.

Das Zwischenergebnis

Egal wie diese Verfahren ausgehen mögen, am Beispiel von Egetürk lassen sich die gesellschaftlich widersprüchlichen Interessen sehr gut widerspiegeln. Auf der einen Seite die Bestrebungen der Unternehmensleitung nach mehr Umsatz und auf der anderen Seite die Bestrebungen der Belegschaft nicht völlig ausgebeutet zu werden und einen Lohn zu erhalten, von dem sie auch leben können.

Hier zeichnet sich bereits jetzt ein langer Kampf ab. Die Solidarität mit Gülden I. wächst. Der bekannte Schriftsteller Günther Wallraff schrieb einen Brief an die Geschäftsführung von Egetürk und bat ihre Haltung gegenüber den Arbeitern zu ändern. Viele aus der Türkei stammende Gewerkschafter haben auch eine Unterschriftenkampagne gestartet.

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