Wulff wird am 3. Oktober zum Thema Integration sprechen

Nach den aufgeregten Debatten über die Sarrazin-Thesen zur Zuwanderung wollen Bundespräsident und Kanzlerin die Diskussion jetzt in geordnete Bahnen lenken. Wulff arbeitet an einer Grundsatzrede für den 3. Oktober, Merkel sprach von einem «Herzensanliegen».

Bundespräsident Christian Wulff will das Thema Integration in seiner Rede zum Jahrestag der Deutschen Einheit in den Vordergrund stellen. Er werde «ebenso klar zur Integration Stellung nehmen wie in seiner Vereidigungsrede am 2. Juli», teilte ein Sprecher des Präsidenten am Samstag in Berlin mit. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief die Bürger dazu auf, sich auf weitere Veränderungen durch Einwanderer einzustellen. Das Thema wird seit den umstrittenen Thesen des scheidenden Bundesbank-Vorstands Thilo Sarrazin heftig diskutiert.

Bereits in seiner Antrittsrede hatte Wulff angekündigt, er wolle sich für ein besseres Miteinander der Kulturen engagieren. Die Deutschen müssten offen sein für die Zusammenarbeit mit allen Teilen der Welt, sagte er. «Das können wir schon hier bei uns einüben, in unserer Bundesrepublik, in unserer bunten Republik Deutschland.»

Die CDU-Vorsitzende Merkel sagte der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Samstag): «Moscheen etwa werden stärker als früher ein Teil unseres Stadtbildes sein.» Integration sei auch eine Aufgabe für die einheimische Gesellschaft. Einwanderer, die sich integrationsunwillig verhielten, müssten andererseits «mit Strenge» rechnen, betonte Merkel. Sie rief dazu auf, über Defizite in der Integrationspolitik «ganz klar zu sprechen». Das Thema sei ihr «seit langem ein Herzensanliegen».

Zuletzt hatte Sarrazin in seinem neuen Buch den Zuwanderern mangelnden Willen zur Eingliederung in die deutsche Gesellschaft bescheinigt und dafür auch genetische Unterschiede verantwortlich gemacht. In der Folge verlor er sein Amt als Bundesbankvorstand und soll aus der SPD ausgeschlossen werden.

Bundespräsident Wulff, der die Bundesbank indirekt zu Konsequenzen gedrängt hatte, will sich bei dem Thema nicht provozieren lassen. «Der Bundespräsident hat entschieden, die politische Agenda nicht von Provokationen und Buchvorstellungen bestimmen zu lassen», hieß es im Präsidialamt nach vehementer Kritik der Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Diese hatte Wulff in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» aufgefordert, in die Integrationsdebatte einzugreifen. «Die Aufforderung dazu lässt jeden Respekt vor dem Amt vermissen», erklärte das Präsidialamt.

Die Hälfte der Deutschen ist indes der Ansicht, dass die Zahl der Zuwanderer in Deutschland zu hoch ist. Laut einer TNS-Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin «Focus» sind 55 Prozent der Ostdeutschen und 48 Prozent der Westdeutschen dieser Ansicht.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle forderte, auch über das Thema Auswanderung zu reden. «Im vergangenen Jahr sind mehr Menschen ausgewandert als eingewandert», sagte Westerwelle der Zeitung «Sonntag Aktuell». «Diesen Trend müssen wir umkehren.»

Die Grünen im Bundestag fordern gegen Sprach- und Bildungsprobleme vieler Migranten deutlich höhere Investitionen des Bundes in deren Integration. Finanziert werden sollte das durch einen «Integrationssoli», sagte der Grünen-Fraktionsvize Josef Winkler in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag).

Nach Angaben der Integrationsbeauftragten Maria Böhmer (CDU) werden allerdings schon die bisher vorgesehenen Hilfen nicht zielgerichtet eingesetzt: Etliche Ausländerbehörden drückten den Neuzuwanderern zwar ein Faltblatt in die Hand und wiesen auf die verpflichtende Teilnahme an Integrationskursen hin. «Wenn nichts passiert, wird das ein Jahr später, wenn die Aufenthaltsgenehmigung verlängert wird, noch einmal wiederholt – das ist es nicht gerade, was ich unter Kümmern verstehe», sagte die Regierungsbeauftragte der «Welt am Sonntag».

Härtere Sanktionen für Integrationsverweigerer verlangte Baden- Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU). «Wer seine Kinder nicht in die Schule schickt oder seine Frau vom Besuch von Integrationskursen abhält, dem sollten soziale Leistungen gekürzt werden», sagte er bei der Jungen Union Baden-Württemberg.

Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.

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