Wenn eine deutsche Zeitschrift auf Türkisch schreibt

Die 10-seitige türkische Berichterstattung des Spiegels über die Gezi Park Proteste hat vor der Veröffentlichung der Zeitschrift für Diskussionen und Kritik gesorgt. Dass die Zeitschrift, die bereits viele Titelseiten über die Türken in Deutschland veröffentlich hat, deren Objektivität diskutabel ist, auf ihrem Titel auffordert “nicht aufgeben“ wird als Provokation gewertet, was in der Natur der Sache liegt. Im Vorwort wird als Grund für die türkische Berichterstattung erklärt, dass es nicht an der mangelnden Sprachkenntnis der Türken liegt, sondern man “ein Zeichen“ setzen möchte. So bekennt sich die Zeitschrift offen zu den Demonstranten. Meiner Meinung nach ist dies eine ehrliche Erklärung und das Geschriebene muss man aus dieser Perspektive betrachten.

Es gibt Lücken im Bild

Die Objektivität des Geschriebenen wird Diskussionen entfachen. Aber von einem Artikel, dessen fundamentale Motivation die Unterstützung der Demonstranten ist, darf man keine Unparteilichkeit erwarten. Es wird über die AKP-Regierung und über die autoritäre Haltung des Ministerpräsidenten berichtet. Und das Problem wird als ein Streit zwischen den Demonstranten, die eine neue demokratische Türkei fordern, und den konservativen dargestellt (Kampf der Weißen Türken und Schwarzen Türken). Vom Kurdenkonflikt über die Neureglung der politischen Kriminalität, die auf EU-Standard gebracht wurde, von Frauenrechten, Gewerkschaftsrechten, Organisationsrecht usw. wird kein Wort geschrieben. Es wird zwar über die wirtschaftlichen Erfolge der AKP-Regierung berichtet, aber das es sich bei den Menschen, die jetzt auf die Straße gegangen sind, um die Mittelschicht handelt, die während der AKP Periode entstanden und stark geworden ist, entgeht dem Blick. Über die extrem Linken und Ultra-Kemalisten, die bei den Protestaktionen eine wichtige Rolle spielen, sowie die Gewalt durch Demonstranten wird ein Bild gezeichnet als gäbe es sie nicht.

Nicht wie früher

Das wichtigste Fazit das ich aus der Türkei-Berichterstattung des Spiegels ziehe ist, wie wichtig die Türken und die Türkei für Deutschland sind. So eine Arbeit, für die es in der Geschichte keinen Vergleich gibt, zeigt, dass das Verständnis von den Türken und der Türkei in Deutschland sich geändert hat. Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei haben eine neue Ebene erreicht. Ob in der Außenpolitik oder in der Wirtschaft, die Interessen der beiden Länder überschneiden sich in vielen Punkten. Dies ist ein Fakt, der vorher nicht war. Wir versuchen diese neue Situation mit alten Wahrnehmungen und Sprüchen zu beschreiben. Aber für die neue Ära muss man auch neue Beschreibungen entwickeln. Dies ist die Verantwortung von beiden Seiten.

Es gibt keine Gewinner und Verlierer

Ich habe die fehlenden Elemente in dem Bild, das die Zeitschrift in seinem türkischen Teil zeichnet, kurz beschrieben. Aber es gibt auch Punkte, die ich interessant finde. Zum Beispiel dieser Satz im Vorwort: „Atatürk hat das Land säkularisiert, Erdoğan demokratisiert“. Offen gesagt, habe ich solch eine mutige Aussage nicht erwartet. Generell gibt es in dem Geschriebenen im sachlichen Sinne nichts, was man als falsch bezeichnen kann. Doch am Ende des Vorwortes gibt es einen Satz, dem ich vollständig zustimme: „In dem Kampf um die Identität der Türkei wird es weder Gewinner geben, noch Verlierer. ”Schwarz und Weiß“ Türken müssen nun miteinander reden.“ Was richtig ist, ist richtig.

Notiz:

Die Gezi Proteste sind auch bei uns Hauptthemen. Wer zum Thema seine Ansichten mitteilen möchte, kann uns schreiben. Wir werden diese in unserer ”Demokratie-Ecke“ veröffentlichen. Diese Diskussion ist im Namen der Demokratie ein wichtiger Schritt. Die Artikel sollten nicht länger sein als diese und keine Beleidigungen und Erniedrigungen beinhalten.

Mikdat Karaalioğlu, Chefredakteur SABAH AVRUPA

Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.

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