NSU-Prozess: Was geschah in 32 Verhandlungstagen?
Nach dem Mord an zehn Menschen, davon acht Türken, begann der Prozess gegen das dritte Mitglied und gegen vier Unterstützer der Zwickauer Terrorzelle. Was in den zurückliegenden 32 Verhandlungstagen geschah, haben wir für sie zusammengefasst.
Der Prozess begann mit drei Wochen Verspätung am 6. Mai 2013, weil ein Eilantrag von SABAH gegen das Akkreditierungsverfahren des Münchner Oberlandesgerichts stattgegeben wurde. Am ersten Prozesstag legten die Anwälte der Anklage einen Befangenheitsantrag gegen den vorsitzenden Richter ein, der später abgelehnt wurde.
Der Auftritt, von der Kleidung bis zur teilnahmslosen Haltung, der Hauptangeklagten Beate Zschäpe zum Prozessauftakt sorgte für Diskussionen. Sympathisanten der rechtsextremen Terrorgruppe begleiteten den Prozessauftakt.
Der zweite Verhandlungstag am 14. Mai begann mit der Verlesung der Anklageschrift. Erneut legten die Anwälte der Anklage diverse Anträge ein, um den Prozess auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieden. Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung war die Frage, ob man den Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße gesondert verhandelt. Dies wurde aber abgelehnt.
Am dritten Verhandlungstag kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Vorsitzenden Richter und der Anwälte der Anklage.
Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft
Carsten S., der wegen Unterstützung der NSU angeklagt ist, begann mit seiner Aussage am 5. Verhandlungstag. Am 6. Verhandlungstag erklärte er, dass die extrem Rechten im Jahre 1999 eine Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft für die Türken gestartet haben. Er sagte aus, dass Dönerverkäufer als Feinde betrachtet wurden und der ebenfalls angeklagte Ralf Wohlleben eine Schlüsselfigur in der Gruppe war. Der Angeklagte Holger S., der die Tatwaffe für die NSU besorgte, betonte, dass Beate Zschäpe bei der Übergabe der Ceska anwesend war.
Schockanblick für Beate Zschäpe
Das Bild des toten Uwe Mundlos, das am 16. Verhandlungstag im Gericht gezeigt wurde, entlockte Beate Zschäpe zum ersten Mal eine Gefühlsregung. Beim Anblick des toten Geliebten wirkte die Hauptangeklagte geschockt. Am 18. Verhandlungstag sagte der Polizist aus, der mit Zschäpe zu ihrer Großmutter gefahren war. Er erklärte, dass Zschäpe aussagen wollte, ihre Anwälte ihr aber rieten zu schweigen. Am 21. Tag des Mammutprozess wurde der Mord an Enver Şimşek auf den Tisch gebracht.
Aussage der Nachbarn
Am 24. Verhandlungstag kam heraus, dass die Todestage von Enver Şimşek und Ismail Yaşar auf den Gedenktafeln für die Opfer falsch sind. Der 27. Prozesstag begann mit der Aussage von Zschäpes Nachbarn. Am nächsten Tag sprachen die Nachbarn, die sie sahen, nachdem sie ihre Wohnung in Zwickau in die Luft gejagt hatte. Übereinstimmend erklärten sie, dass Zschäpe ihre Katzen aus der Wohnung mitnahm. ”Wir hielten sie für eine Prostituierte“, sagte eine Nachbarin am 29. Verhandlungstag, da ein Rotlicht am Fenster der Wohnung blinkte und man darüber gerätselt habe, wie und wovon Zschäpe lebt. Am 30. Prozesstag wurde der Mord an Habil Kılıç, am 31. der Mord an Mehmet Turgut verhandelt.
”Wir stießen auf keine Hinweise“
Gestern wurden ein Experte und die leitenden Ermittler in diesem Fall verhört. Rudoplf W., der die Autopsie an dem ermordeten Mehmet Turgut vornahm und erklärte, dass der Mann an einem Schädelbruch und an Hirnverletzungen starb. Eine Kugel traf Turgut am Kopf, nachdem er hinfiel trafen zwei weitere Kugeln den Mann. Der Ermittler Manfred H., sagte aus, dass man nach dem Mord an Ismail Yaşar eine Verbindung zur PKK, ins Drogen- und Mafiamilieu untersucht habe, aber auf keinen Hinweis gestoßen ist.
Die Klarheit über Zschäpes Rolle freut uns
Mehmet Daimgüler, der Anwalt der Nebenklage: „Nach 32 Verhandlungstagen freue ich mich am meisten darüber, dass die Rolle von Beate Zschäpe an Klarheit gewonnen hat. Es ist offensichtlich, dass sie nicht eine Helferin, sondern eine Mittäterin war. Wenn die Aussagen der Zeugen und der Angeklagten zusammenkommt wird man dieses Bild sehen können.“
Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.