Blonde – eine Filmkritik

Blonde – eine Filmkritik

Ines Kiriaki Tsartsaris

Mitte September erschien auf Netflix der neue Film von Regisseur Andrew Dominik „Blonde“. Er soll ein neues Licht auf das Leben einer der berühmtesten Schauspielerinnen Hollywoods werfen: Marilyn Monroe. Neben Ana de Armas in der Hauptrolle, zählen viele weitere namhafte Schauspieler:innen zur Besetzung des Films. Bereits der Teaser Trailer schlug Juni 2022 heftig ein und für viele Fans war die Freude groß.

Doch die Freude wandelte sich schnell in etwas anderes, denn die Diskussionen um den Film sind kontrovers. In Interviews wird von u.a. der Hauptdarstellerin behauptet, dass der Film in sich ein feministischer sei, da er sich mit der Person hinter der Kunstfigur „Marilyn Monroe“, Norma Jean Baker, beschäftigt und versucht ihr Innenleben darzustellen. Das sei etwas, dass so noch nie gemacht worden sei. Aber Kritiker:innen des Films erwidern dagegen, dass die nun mehr seit 60 Jahren verstorbene Hollywood-Ikone und das Leid, das ihr widerfahren ist, nur weiter ausgeschlachtet wird, um damit Profit zu machen.

Im Film zu sehen sind krasse Szenen von Gewalt gegen Kinder und Frauen, Nacktheit, sexuellem Missbrauch, toxische Beziehungen, Zwangsabtreibungen, Drogensucht, Paranoia und Depression. Für diesen Film sprechen wir eine deutliche Trigger-Warnung aus.

Kinematographisch hat der Film viel zu bieten: die wechselnden Farb- und schwarz-weiß Aufnahmen, das Spiel mit dem Licht und verschiedenen Effekten, die Musik, die schauspielerische Leistung – allen voran der Hauptdarstellerin – lassen einen die Empfindungen der Protagonistin mitfühlen. Auch das Make-up, die Kostüme und das Set sind so authentisch, es fühlt sich an, als sei man im Hollywood der 50er Jahre gelandet.

Der Regisseur Andrew Dominik sagte in einem Interview: „… My ambition is to make you fall in love with Marilyn.“ Es sei sein Ziel, dass man sich in Marilyn verliebe. Doch alles was man als Zuschauer:in in den knapp 3 Stunden des Films mit der Protagonistin erlebt ist nur wenig Freude. Ein tragisches Ereignis folgt dem nächsten, das eine grausamer als das andere, bis sie schließlich stirbt. Alles, was man fühlt, ist Wut, Mitleid und Frust. Natürlich müssen nicht alle Filme positive Emotionen vermitteln, ein moralisches Fazit ziehen oder gar einen Appell an die Gesellschaft richten. Dennoch verfehlt der Regisseur hier sein Ziel, seiner Hauptfigur gerecht zu werden.

Die meiste Zeit wird sie als eher dümmlich dargestellt, ist Opfer ihrer Umstände und all ihr Leid wird kommentarlos hingenommen. Wieder wurde eine Frau im Film unter dem Male Gaze porträtiert. Der Begriff „male gaze“ (männlicher Blick) beschreibt, wie Frauen in Kunst, Literatur und Film von einer männlichen, heterosexuellen Perspektive – meist als sexuelles Objekt – dargestellt werden.

Fraglich ist auch, wie in dem Film Schwangerschaftsabbrüche dargestellt werden: Norma Jean macht im Laufe des Films drei Schwangerschaften durch, zwei werden abgebrochen (allerdings nicht mit ihrem Einverständnis) und eine verliert sie aufgrund eines Unfalls. Die Föten werden im Film gezeigt und sprechen teilweise mit ihr: sie solle dem Baby nicht weh tun, wie sie es bei dem anderen gemacht habe. In einer der Szenen sagt sie zu sich selbst: „Und dafür hast du dein Baby getötet.“ Zurecht sagen Kritiker:innen also, dass man „Blonde“ eine Anti-Abtreibungshaltung unterstellen kann.

Hinzu kommt, dass es an Transparenz fehlt: als Zuschauer:in wird man leicht dazu verleitet zu glauben, dass es sich um ein Biopic, also eine Verfilmung des wahren Lebens, von Marily Monroe handelt. Dabei orientiert sich der Film aber an dem gleichnamigen fiktionalen Roman von Joyce Carol Oates. Dies erfährt man aber erst am Ende des Films.

Es gab – und es gibt weiterhin – Diskriminierung, Sexismus und sexualisierte Gewalt in der Filmindustrie. Mit den #meetoo oder #timesup Kampagnen auf den sozialen Medien wird seit Jahren darauf aufmerksam gemacht und langsam scheint sich auch etwas zu verbessern. „Blonde“ als Film übt aber keine Kritik an dem Missbrauch, den Norma Jean Baker aka Marylin Monroe erlitten hat, sondern skandalisiert diesen und schöpft auch noch Profit daraus.

Detaillierte Post auf DEUTSCH – Yeni Hayat

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