Was sagt die Straße?

Vorgestern habe ich in Frankfurt eine der Gezi Proteste verfolgt. Ich konnte ein Teil beobachten weil ich nach dieser Kundgebung ins Büro musste, um diese Kolumne fertig zu schreiben. Im Büro angekommen habe ich, sicherlich wie es jeder zur Zeit macht, ein Blick in die Socialmedien geworfen. Wie groß der Unterschied zwischen der Straße und der digitalen Welt ist. Bei Facebook und Twitter sind Information, Desinformation, Traum, Realität, Richtig, Falsch, Heldentum und Beleidigung durcheinander geraten. Sie erdrücken den Menschen. Es ist unmöglich gesund zu denken. Ich kann mich nicht erinnern, wer es geschrieben hat, aber ich habe ein Tweet zu der Sache gelesen. In der steht: Wenn die Twitterwelt einwenig schweigen würde, wären alle Problem aus der Welt geschaffen. Sehr zutreffend.

Nicht digital, sondern real

Meine Glaube daran, dass die Türkei dies Denklähmung überwinden wird, ist ungebrochen. Die Protestkundgebung, die ich beobachtet habe, hat mich in diesem Glauben bestärkt. Die Parolenrufe, die hochgehaltenen Schilder, die politischen Forderungen usw. sind bekannt. Sie sind auch nicht Thema dieser Kolumne. Was mich interessiert ist die Motivation, die die Menschen auf die Straßen bringt. Demonstranten, die denken, dass man in ihr Lebensform eingreift, haben das Gefühl, dass die Regierung dies nicht einsieht. Es ist nicht erstgradig wichtig, ob diese Wahrnehmung berechtigte Gründe hat oder nicht. Wichtig ist, dass es diese Wahrnehmung gibt und diese Wahrnehmung die Menschen auf die Straßen treibt. In den Socialmedien sieht es so aus als wären digital die Brücken abgebrochen. Aber Menschen im echten Leben haben scheinen genug von den gelebten Anspannungen zu haben. Und sie wollen, dass der gesunde Menschenverstand Oberhand gewinnt.

Bedingungslose Empathie

Es steht mir nicht zu ein prätentiösen Satz wie “jeder soll seinem gegenüber Empathie entgegenbringen“ zu sagen. Aber ich weiß, dass ich in meinem eigenen Namen die Verantwortung habe Empathie zu zeigen. Als ein Mensch, der denkt, dass die Proteste missbraucht und in eine politische Vollstreckung verwandelt werden, glaube ich, dass die Mehrheit der Demonstranten mehr als eine Vollstreckung die Antwort auf ihre Forderungen  wollen. Die Botschaft: wir hören eure Forderungen, wir nehmen eure Ängste ernst, hat aus welchen Gründen auch immer, diese Menschen nicht erreicht. Hier findet auch die Ausweglosigkeit statt. Wenn man diese Mehrheit davon überzeugen kann, dass ihre Sorgen unbegründet sind, wird diese Angespanntheit als eine Mehrwert für die Demokratie wieder zurückkehren. Diejenigen, die hinter politische Vollstreckung und Hetze, werden wie Jod dastehen.

Die Wahrnehmung der Mehrheit

In der Kolumne berichte ich über die Gefühle und Wahrnehmungen der Gruppen. Hier ist natürlich auch die Wahrnehmung des Teils, das die Mehrheit der türkischen Gesellschaft bildet, ein wichtiger Teil des Bildes. Die negative Türkeistimmung, die in den deutschen Medien geschaffen wird, stört die Türken in Europa. Die Verallgemeinerungen, die mit der Geiz Proteste Ausrede gemacht werden, haben einen inakzeptablen Ausmaß erreicht. Die Pressemitteilung der UETD (Union Europäisch-Türkischer Demokraten), die trotz des gesellschaftlichen Druckes in 41 Städten Europas veröffentlicht wurde, ist bewundernswert. Es war nötig, der deutschen Öffentlichkeit diese Botschaft mitzuteilen. Eine angemessene Botschaft.

Mikdat Karaalioğlu

Chefredakteur SABAH Avrupa

Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.

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