Fußball und Integration: Erfolgsgeschichte DFB

Der türkische Nationalspieler Nuri Sahin spricht am 10.08.2010 bei einer Pressekonferenz in Istanbul.

Durch Sarrazin aufgeheizt – von Özil oder Sahin wieder runtergekühlt? In der aktuellen Integrationsdebatte kann ein Fußballspiel für Entspannung sorgen. Das hoffen Türken und Deutsche. Vielleicht zu recht – Fußball und Integration sind eine Erfolgsgeschichte.

Nuri Sahin fand «nicht in Ordnung», wie Migranten in der zuletzt so aufgeflammten Integrationsdebatte oft dargestellt wurden. Er kann zudem nicht verstehen, dass es überhaupt zu einer derartig hitzigen Diskussion gekommen ist. «Integration ist für mich kein Thema», sagt der 22 Jahre alte Türke, selbst ein Paradebeispiel für erfolgreiche Integration. Was Sahin von denjenigen unterscheidet, die häufig in eine Schublade gesteckt werden: Er ist Fußballer, ein sehr guter sogar, und damit in einer Branche aktiv, in der das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft wesentlich besser zu klappen scheint als in anderen Bereichen der Gesellschaft.

In der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die am Freitag in Berlin auf die Türkei und damit auch auf Nuri Sahin trifft, gehören Profis mit ausländischen Wurzeln seit Jahren zu den tragenden Säulen. Mesut Özil (Türkei), Sami Khedira (Tunesien) oder auch Miroslav Klose und Lukas Podolski (beide Polen) haben das Image der Multi-Kulti- Truppe von Coach Joachim Löw geprägt.

Innenminister Thomas de Maizière hob die Rolle des Sports und insbesondere des Fußballs hervor. «Da kommt es auf Leistung an, aufs Mitmachen und Einordnen.», erklärt der Politiker, «wer sich nicht anstrengt, wird ausgewechselt. Und: Wer grob foult, wird vom Platz gestellt. All das gilt auch in der Integration.»

Dass im Fußballtrikot alle gleich sind, glaubt auch Sahin. «Ein Türke schießt gegen Ghana ein Tor und ganz Deutschland jubelt», erinnert sich der Bundesliga-Profi an die WM in Südafrika. Mesut Özil hatte das DFB-Team mit seinem Treffer in der Vorrunde erlöst – und damit Deutsche und Türken in Berlin, Hamburg oder München gemeinsam feiern lassen.

Auch den Bundestrainer freut die Entwicklung im deutschen Fußball, die sich in seinem Team zeige. «Die Kommunikation untereinander stimmt», sagt Löw. «Respekt, Vertrauen, Toleranz sind bei uns nicht nur Schlagworte. Das wird bei uns gelebt.»

Gelernt wird es zumeist schon im Kindesalter. Nuri Sahin, der im südwestfälischen Meinerzhagen aufgewachsen ist und in Dortmund Fußballspielen lernte, erinnert sich an seine Anfänge im Verein: «Da hast du verschiedene Kulturen, integrierst dich, lernst andere Sitten kennen – wie ein kleiner türkischer Junge tickt, wie ein Ghanaer tickt und auch wie ein Deutscher tickt.»

Am Freitag werden bei vielen der rund 2,5 Millionen Türken in Deutschland zwei Herzen in der Brust schlagen. Einer davon ist Kenan Kolat, der Bundesvorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland. «Ich kann sagen: Wir werden gewinnen. Wir, das heißt entweder die Türkei oder Deutschland, denn beides sind unsere Mannschaften», sagt Kolat – der dennoch der Türkei die Daumen drückt.

Den Stellenwert einer solchen Partie, gerade nach den Diskussionen um Thilo Sarrazin, kann Kolat gar nicht hoch genug ansetzen. Das Spiel und auch die anschließenden gemeinsamen Feiern «werden dazu beitragen, dass wir wieder ein Gefühl der Zusammengehörigkeit bekommen», meint der Berliner. «Ich hoffe, dass auf diese Weise beide Bevölkerungsgruppen wieder zueinander finden.»

Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.

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