Egetürk: Betriebsrat braucht Solidarität
Egetürk: Betriebsrat braucht Solidarität
Union Busting durch ehemaligen Job-Center-Mitarbeiter und Integrationsratsvorsitzenden
von Elmar Wigand
Der Kölner Fleischproduzent Egetürk zieht derzeit alle Register, um sich einen Tarifvertrag vom Leib zu halten und einen aktiven Betriebsrat zu zerschlagen. Dazu gehören schmutzige Methoden wie Streikbrechergeld, Unterschriftensammlungen gegen den gewählten Betriebsrat und Kündigungsversuche. Wenn es so weiter geht, wird das Marken-Image von Egetürk schweren Schaden nehmen. Denn wer will schon Knoblauchwürstchen (Sucuk) essen, in denen Schweiß und Tränen der Beschäftigten stecken?
Nachdem Egetürk eine Streikbewegung der NGG im Jahr 2019 anscheinend erfolgreich eindämmen konnte, steht nun die Betriebsratsvorsitzende Gülden I. im Fokus der Angriffe. Egetürk konnte sie mit Hilfe substanzloser Kündigungsversuche vorläufig aus dem Unternehmen entfernen. Die Geschäftsführung will sie entweder kündigen oder so zermürben, dass sie das Handtuch wirft. Derzeit sitzt Gülden also gegen ihren Willen zuhause auf dem Sofa und hofft mit Hilfe des Kölner Arbeitsgerichts wieder an ihren Arbeitsplatz zu kommen. Doch dessen Mühlen mahlen langsam – zu langsam. Denn inzwischen hat Egetürk mit Ercan Türkoglu einen Kommunikationsbeauftragten eingstellt, der nur dafür da ist, das Wasser zu vergiften, in dem der Betriebsrat schwimmt. Dabei setzt Egetürk eines der schmutzigsten Mittel ein, um den Zusammenhalt innerhalb der Belegschaft zu untergraben: Türkoglu sammelte in der Belegeschaft Unterschriften für eine Amtsenthebung der BR-Vorsitzenden. Zeitgleich versuchte man sie zu kündigen. Beide Verfahren sind derzeit von dem Kölner Arbeitsgericht anhängig.
Zwar sind solche Unterschriftensammlungen wenig aussagekräftig und undemokratisch, da sie meist unter Druck, Verleumdungen und Vorspiegelung falscher Tatsachen erzwungen wurden. Dennoch sind die nackten Zahlen beängstigend und zeigen, wie sehr Gewerkschaft und Betriebsrat in die Defensive geraten können. Die NGG konnte ihren Organisierungsgrad unter den rund 180 Beschäftigten im Jahr 2018 auf über 60% steigern (Evrensel, 28.08.2019). Türkoglus infame Unterschriftenliste unterzeichneten nun 128 Personen, darunter müssen zahlreiche Wähler*innen des amtierenden BR sowie (ehemalige) NGG-Mitglieder gewesen sein.
Bei einem ersten Warnstreik im März 2019 nahmen ca. 90 Beschäftigte teil, als die Gewerkschaft im Oktober 2019 zum ganztätigen Warnstreik aufrief, folgten nur noch ca. 60 Beschäftigte. Der NGG-Beauftragte Thomas Bernhard führt das auf extremen Druck durch den Arbeitgeber zurück. Dazu gehörte ein Streikbrecherprämie und eine Erhöhung des Lohnes um 7%, wobei die willkürlichen Lohnunterschiede ebenso blieben wie der patriarchale, teils schikanöse Führungsstil.
Hartmut Braunschneider aus Overath ist der Anwalt, der die Union Busting-Strategie vor Gericht vertritt. Seine harmlose Webseite lässt nicht vermuten, dass wir es hier mit einem Betriebsratsfresser zu tun haben. Braunschneider ist Verfasser zahlreicher juristischer Fachbücher, die zunächst unverdächtig wirken, er arbeitet für das Schulungsunternehmen ifb.[1]
Die zentrale Figur des Union Busting bei Egetürk ist der erwähnte Ercan Türkoglu. Laut Rheinischer Post arbeitete er in der Leistungsabteilung des Job-Center Köln-Mülheim. Dort hat der studierte Jurist, Jahrgang 1977, dem eine Anwaltskarriere verwehrt blieb, vermutlich das kaltherzige Drangsalieren gelernt. Bis zum August 2017 war er als Vorsitzender der des Integrationsrats in Monheim am Rhein “Bürgermeister der Migranten”. Der smarte Fußballer mit den nach hinten gegelten Haaren hatte 2010 auf Anhieb 41 Prozent der Stimmen bekommen.[2] Jetzt versucht er bei Egetürk offenbar die erworbenen Fähigkeiten in klingende Münze zu verwandeln: Kommunikationstalent, aggressives Fertigmachen, juristisches Wissen.
Die angewandte Strategie ist im Fall Egetürk allerdings ein bisschen zu ausgefuchst für den gegelten Blender. Höchst wahrscheinlich ist ein externer, verdeckt agierender Union Busting-Berater vom Schlage des berüchtigten Helmut Naujoks oder der Kanzlei Schreinere + Partner am Werk.
Derzeit brummt durch Corona das Fleischgeschäft auch bei Egetürk. Doch der Kölner Wurstfabrikant wird es in Zukunft nicht leicht haben, wenn er seine undemokratische Unternehmenskultur nicht ändert.
[1]Herr Hartmut Braunschneider, ifb, https://www.ifb.de/betriebsrat/seminare/referent/hartmut-braunschneider-1163 abgerufen 5.5.2020
[2] Petra Czyperek: Monheim: “Ich bin der Bürgermeister der Migranten”, RP-Online, 17.9.2014, https://rp-online.de/nrw/staedte/langenfeld/ich-bin-der-buergermeister-der-migranten_aid-20191069
(arbeitunrecht.de)
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