Der Scheich und das G36 Gewehr
Sinan Cokdegerli
Bereits 2008 bekam Saudi Arabien die Lizenz zur Produktion und Verwendung deutscher Sturmgewehre wie dem G36 von Heckler & Koch, unter der Bedingung des Eigenbedarfes, also ausschließlich nur für das eigene Militär. Zusätzlich (!) wohlgemerkt zu den bereits genehmigten Militärsystemen, Militärfahrzeugen und anderen Rüstungsgütern. Nun sind deutsche Waffen, wie das im Jemen aufgetauchte Gewehr, welche, die von Saudi Arabien „abgeworfen“ sein sollen.
Der Jemen Konflikt
Bereits vor einigen Ausgaben hatten wir über die Unruhen im Jemen berichtet und darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Lage trotz einer Militärintervention der großen Allianz, geführt von Saudi Arabien, nicht so schnell wird lösen lassen. Bereits damals hatten wir darauf aufmerksam gemacht, dass die Zahl der zivilen Opfer immer weiter steigen und das Land immer weiter in Chaos gestürzt wird. Auch erwähnten wir die Rolle Deutschlands in den internationalen Kriegen vor allem im Nahen Osten und die Profite, die durch Rüstungsexporte in, vor und nach solchen Kriegssituationen erzielt werden.
Nach dem die Huthis das Parlament aufgelöst hatten, formierte sich gegen sie eine Militärallianz unter der Führung Saudi Arabiens und Qatars. Diese Allianz fing an, Huthi-Stellungen zu bombardieren, wobei nach damaligen Angaben binnen kürzester zeit mehr als 500 Menschen ums Leben kamen. Die zivilen Opfer der Militärintervention ist seit dem stetig gestiegen, erst kürzlich wieder bei einem Luftangriff auf die Altstadt der jemenitischen Metropole Sanaa. Allein bei diesem Angriff wurden mindestens 44 Menschen getötet und Huderte verletzt. Bei ihrem Krieg gegen die Huthis unterstützte diese Militärallianz aber auch andere Gruppen, die gegen die Huthis vorgehen und warf regelmäßig Güter für diese ab. Unter diesen Gütern sollen sich nun auch die Waffen deutscher Entwicklung und saudischer Produktion befunden haben.
Gefährliches Spiel mit Waffenlieferungen
Eigentlich gibt es strenge Vorlagen, denen nach Waffen nur in genehmigte Gebiete an genehmigte Personen geliefert werden dürfen. Milizen im Jemen gehören genauso wenig dazu, wie die mexikanische Drogenmafia oder libysche Truppen, welche diese gegen die eigene Bevölkerung richteten.
Um diese Tatsache zu verstehen, muss man sich die Vorgehensweise für Waffenlieferungen und dementsprechende Verträge sowie die gesetzlichen Regelungen in solchen Fällen, aber auch die Interessen der Beteiligten näher anschauen.
Wenn jemand, ein Land zum Beispiel, Waffen von einer deutschen Firma kaufen möchte und diese bereit ist, sie zu verkaufen, wendet sich die Firma an das Bundeswirtschaftsministerium und beantragt eine Exportgenehmigung. Ob eine Lieferung stattfindet, hängt dann vom Entscheidungsspielraum des Wirtschaftsministeriums und anderer Ministerien, wie dem Auswärtigen Amt oder dem Bundesinnenministerium ab. Vorhandene Richtlinien geben lediglich vor, auf welche Ereignisse in diesem Gebiet geachtet werden soll, so soll den Menschenrechten eine hohe Rolle zugeteilt werden und eine Lieferung soll diese nicht in Gefahr bringen.
Ob jedoch ein Export einer bestimmten Ware zum Erhalt oder zur Zerschlagung der Menschenrechte genutzt wird, ob und in wie fern das Risiko vorhanden ist, dass die Waffen in unvorhergesehene Hände geraten, ist dann Meinungssache der zuständigen Vertreter dieser Ressorts. Sollte ein Gebiet in dem diese Waffen geliefert werden, als Krisengebiet gekennzeichnet werden oder sollten sich die Ministerien nicht einig werden, wird das höchste Gremium in Rüstungsthemen konsultiert, der Bundessicherheitsrat.
Der Bundessicherheitsrat setzt sich außer den bereits genannten Ministerien aus weiteren Vertretern des Justizministeriums, der Verteidigung, der Entwicklung sowie dem Bundeskanzler, Vizekanzler und dem Bundeskanzleramtschef zusammen. Diese entscheiden dann endgültig über die Lieferungserlaubnis. Der Bundestag, also die Vertretung der Bevölkerung hat nur noch das Recht, dagegen zu protestieren, also es öffentlich zu ächten oder die Gesetzeslage in dieser Situation dementsprechend zu verändern, dass eine Lieferung erschwert oder verhindert wird.
Dementsprechend liegt die Entscheidung über die Lieferung von deutschen Waffen an dritte in der Hand von wenigen Politikern, neun um genauer zu sein. Wenn man sich die einzelnen Verträge, in Höhe von mehreren hunderten Millionen Euro dann anschaut, wird einem schnell bewusst, wie gefährlich das ist, was auch Lieferungen in Gebiete erklärt, die nicht den Rüstungsexportrichtlinien entsprechen, in denen schlimmste Verbrechen an der Bevölkerung stattfinden und Menschenrechte mit Füßen getreten oder niedergeschossen werden.
Die Drohungen der Rüstungslobby und das Versagen der Bundesregierung
So ist es aus Kapitalinteresse nicht verwunderlich, dass man vor diesen Entscheidungen die Gespräche mit genau diesen Politikern oder anderen einflussreichen Kollegen von diesen sucht, um Profite zu erzielen. Wenn Politiker durch den Druck der Bevölkerung dazu getrieben werden, sich für eine Verschärfung der Richtlinien auszusprechen, droht die Rüstungsindustrie mit dem Verlust von Arbeitsplätzen oder ähnlichen Maßnahmen, was einen negativen Einfluss auf die durchführenden Parteien und Politiker und somit einen Stimmenverlust bedeuten würde.
Das alles ist jedoch keine Entschuldigung für Waffenlieferungen jeglicher Art. Abgesehen davon, dass man mit dem Tod und dem Töten Geld verdient wird, wird es nie eine hundert prozentige Sicherung dieser gelieferten Waffen gegeben. Selbst in vorher sicheren Regionen können in kürzester Zeit Krisen ausbrechen oder diese Waffen können an nicht sichere Stellen weiter verkauft werden, wie es immer wieder geschieht und weswegen deutsche Waffen immer mehr in allen Ecken der Welt auftauchen.
Ein Verkauf der Lizenz zur Herstellung von Waffentechnologie ist jedoch umso kritischer, weil dadurch gar keine Kontrolle mehr über die hergestellten Waffen gegeben ist. Saudi Arabiens Fall und das Versagen der Bundesregierung, ihren eigenen Richtlinien Folge zu leisten und ihre Kontrollpflicht zu erfüllen, stellt eine neue Situation dar, wie sich aus Anfragen der Opposition an die Bundesregierung herausstellte. So hat man der saudischen Führung nicht nur die Herstellungsrichtlinie verkauft, sondern auch das Anrecht auf die Kontrolle der Einhaltung der vertraglichen Rahmenbedingungen. Die deutsche Regierung darf diese nach eigenen Aussagen nur kontrollieren, wenn die saudische Regierung das zulässt und muss darauf hoffen, dass Saudi Arabien, ein Land in der Arbeitsbedingungen ähnlich der Sklaverei gelten, sein Wort hält, was, wie gesehen, nicht der Fall ist.
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