Böller-Verbote zu Silvester und Party bei null Grad

Um historische Bauten zu schützen, hat eine Reihe deutscher Städte Verbote erlassen.
Deutschland will es zu Silvester wieder richtig krachen lassen. Für Böller und Raketen geben die Menschen wohl wieder mehr als 110 Millionen Euro aus. Doch etliche Städte haben Feuerwerk verboten, um historische Bauten zu schützen.
Mit dem Verkauf von Böllern und Raketen hat der Countdown für die letzte Party des Jahres begonnen. Nach ersten Schätzungen machen die Deutschen dafür wieder mehr als 110 Millionen Euro locker. Während die Kunden verstärkt zu professionellem Feuerwerk greifen, haben viele Städte Böllerverbote erlassen, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab. Das soll Fachwerkhäuser und Reetdächer vor Bränden bewahren.
Beim Kassensturz nach dem letzten Jahreswechsel haben in der Branche die Sektkorken geknallt: Silvester 2009 gaben die Deutschen rund 113 Millionen Euro für ihr Feuerwerk aus, knapp 4 Millionen Euro mehr als im Vorjahr und so viel wie noch nie. Die Erfahrung zeige, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders ausgiebig gefeiert werde, um die Alltagsprobleme für eine Weile zu vergessen, heißt es beim Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) in Ratingen. «Dieses Mal hoffen wir auf ein ähnlich gutes Geschäft», sagt VPI-Geschäftsführer Klaus Gotzen.
In der Altstadt von Rudolstadt (Thüringen) mit dem imposanten Schloss Heidecksburg müssen die Bürger erstmals auf Raketen und Böller zur Begrüßung des neuen Jahres verzichten. Das Erzbistum Bamberg (Bayern) erinnerte an das Feuerwerksverbot auf dem Bamberger Domplatz. Schon eine fehlgeleitete Rakete genüge, um einen der Dachstühle des Doms in Brand zu setzen und eine Katastrophe einzuleiten.
Einschränkungen gelten auch im Norden: «Wenn man streng nach den Vorschriften der Sprengstoffverordnung geht, ist damit das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in Teilen der Lübecker Innenstadt praktisch verboten», sagte Stadtsprecher Marc Langentepe. Fraglich sei jedoch, ob eine Kontrolle des Verbots möglich ist. «Wir können nicht vor jedes Reetdachhaus einen Polizisten stellen», sagte Manfred Pöhls von der Polizei Husum.
Auch in der Tübinger Altstadt dürfen keine Raketen oder Böller abgebrannt werden, das Verbot werde in der Silvesternacht von der Polizei und der Stadt kontrolliert. Hintergrund: Zum Jahreswechsel 2008/2009 geriet ein Fachwerkhaus in Brand.
Auch das südhessische Bensheim sorgt sich um seine historischen Altstadtbauten. Die Stadt setzt auf eine große Silvesterparty in der Innenstadt. Der Zugang wird kontrolliert, das Mitbringen und Abfeuern von Raketen und Böllern ist nicht gestattet. Das betrifft auch Schloss Nymphenburg in München, die Kaiserburg in Nürnberg oder den Residenzplatz in Würzburg.
Wenn aber geballert wird, dann zunehmend mit Batteriefeuerwerken, die einmal gezündet werden und verschiedene Raketen und Fontänen nacheinander abfeuern. «Die normalen Feuerwerke werden denen der Profis immer ähnlicher», sagte der Sprecher des Bayerischen Einzelhandels, Bernd Ohlmann, am Mittwoch in München. Verkauft werden dürfen die Feuerwerke bis Silvester.
Das bayerische Landeskriminalamte (LKA) warnte am Mittwoch vor dem Abbrennen illegaler Pyrotechnik. Diese Böller und Raketen enthielten beispielsweise Blitzknallsätze auf Chloratbasis anstatt des in Deutschland zugelassenen Schwarzpulvers.
Gegen Silvesterfeuerwerk für Arbeitslose hatte sich zuvor die rechtspolitische Sprecherin der CDU Berlin, Cornelia Seibeld, ausgesprochen. «Arbeitslosengeld, das vom Staat bezahlt wird, sollte jedenfalls nicht in Raketen und Blitzknaller verschleudert werden», sagte Seibeld der Zeitung «B.Z.» (Mittwochausgabe). Der Berliner FDP- Fraktionsvize Björn Jotzo ergänzte: «Es wäre doch sinnvoller, in ausgewogene Ernährung zu investieren, statt in Böller.»
Trotz der aktuellen Terrorwarnungen werden Polizei und Feuerwehr in Berlin keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, auch nicht auf der Partymeile am Brandenburger Tor. Dort werden erneut mehrere hunderttausend Gäste zur größten Silvesterfeier des Landes erwartet. Die Zahl der Einsatzkräfte liegt auf dem Niveau des Vorjahres. «Silvester ist ein vorbereiteter Ausnahmezustand», sagte ein Feuerwehrsprecher.
Damit der Müll am Neujahrsmorgen nicht ausufert, sollten die Verbraucher zu Knallern und Raketen mit möglichst hohem Papieranteil greifen – dazu riet Rüdiger Rosenthal vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im dpa-Themendienst. Verantwortlich für die Entsorgung sei der Verursacher – auch wenn mancherorts die Stadt die Reinigung erledige.
Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.