Visum: Deutschland bleibt stur
Kommentar von Mikdat Karaalioglu, Chefredakteur der SABAH-Europa-Ausgaben
Trotz Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das den Visumszwang gegenüber den türkischen Staatsbürgern eigentlich aufgehoben hatte, bleibt die rigorose deutsche Visumspraxis stur davon unberührt. Trotz Versprechung einer Verbesserung durch hohe deutsche Politiker während ihren Türkei-Reisen stehen wir vor einer Praxis, die der Gegebenheit der wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder widerspricht.
Wenn wir auch die Diskussionen über die Reisefreiheit beiseite lassen, können wir die Haltung Deutschlands gegenüber der Türkei, die in den letzten Jahren grösste wirtschaftliche Wachstum innerhalb Europa verzeichnete und dieses Ziel während der nächsten Jahre weiter verfolgen wird, nur schwer verstehen. Angesichts der traditionellen und wirtschaftlichen Beziehungen wäre Deutschland das erste Land, das vom Wachstum der Türkei profitieren würde. Trotzdem herrscht in diesem Land eine sture Haltung gegenüber dem Visumsproblem. Die außergewöhnlichen Entwicklungen der Türkei werden nicht wahrgenommen. Den schlechten Eindruck, den die türkischen Unternehmer an den Türen der Konsulate bzw. der Grenzübergänge gewinnen, wird unvermeidlich zu irreparablen Schäden führen.
Ein schwerer langer Weg
Langsam müssen wir begreifen, dass Recht haben und Recht bekommen, nicht dasselbe ist. Die türkischen Politiker und die Wirtschaftsvertreter bringen das Problem gegenüber ihren deutschen Gesprächspartnern auf allen Plattformen auf die Tagesordnung. Durch Jammern kann jedoch weder in Deutschland noch in Europa eine Lobby erreicht werden. Um ans Ziel zu kommen, muss ein langer schwerer Weg überwunden werden. Um die deutschen Entscheidungsträger zu überzeugen, müssen hier Arbeitgebervereine sowie die zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenarbeiten. Sollte Deutschland die Entscheidung nicht umsetzen, kann auf den europäischen Gerichtshof und das `Soysal Urteil` zurückgegriffen werden. Angesichts dieser Tatsache haben Entscheidungsträger durchaus weniger Handlungsspielraum als allgemein angenommen.
Wir verfolgen
Wir werden uns weiterhin auf das Thema Visum konzentrieren und uns mit den zuständigen Regierungsämtern in Verbindung setzen, um zu erfahren, wo die versprochenen, geplanten Verbesserungen geblieben sind. Die Aufhebung, bzw. Liberalisierung des Visums ist für beide Länder sehr wichtig. Die Öffentlichkeit kann einen weiteren Aufschub des Problems nicht mehr dulden. SABAH wird über das Thema eine tiefgreifende Recherche betreiben und sie diese Woche in allen Facetten in den Europaausgaben seinen Lesern präsentieren. Es ist höchste Zeit, konkrete Maßnahmen zu ergreifen.
Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.
Hallo, ich kann als ehemaliger Mitarbeiter des AA Berlin bzw. Gen. Kons. Istanbul sagen, warum Deutschland so stur ist. Über 3.000 Visa Anträge werden nur in der Türkei pro Tag angenommen. Das bedeutet 60.000 Anträge im Monat. Rechnet man mit einer Visa Gebühr in Höhe von 60,00 €, kommt man auf eine Summe von 3.600.000,- € pro Monat und zwar steuerfrei. So nun muss man nur noch alle Auslandsvertretungen zusammenrechnen und man hat den wirtschaftlichen Hintergrund der Sturheit. Der politische liegt klar auf der Hand, islamisches Land mit einem europäischen Flair und ein Potenzial, das reichste Land in Europa zu werden.