Türkei wegen Antiterrorgesetzen in der Kritik
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat der Türkei den Missbrauch von Antiterrorgesetzen gegen kurdische Demonstranten vorgeworfen. Hunderte festgenommene Protestierer seien von Gerichten wie bewaffnete Kämpfer behandelt worden, kritisierte die Organisation in einem am Montag in Istanbul vorgestellten Bericht.
«In der kurdischen Frage wird politische Opposition von den Gerichten in der Türkei allzu schnell als Terrorismus eingestuft», erklärte Emma Sinclair-Webb, Türkei-Expertin der Organisation. «Wenn man der Meinungs- und Versammlungsfreiheit keinen Raum mehr lässt, hat dies lediglich den gegenteiligen Effekt und macht den bewaffneten Widerstand nur attraktiver.»
Die Untersuchung dokumentiert 26 Fälle, bei denen Menschen wegen Terrorismus angeklagt wurden. Sie hatten an Demonstrationen teilgenommen, die nach Ansicht der türkischen Regierung Ziele der PKK unterstützten. «Hunderte kurdische Demonstranten sitzen derzeit im Gefängnis und warten auf den Ausgang ihres Prozesses oder Berufungsverfahrens», teilte die Organisation mit. «Demonstranten erhielten selbst dann hohe Strafen für terroristische Handlungen, wenn ihr Vergehen darin bestand, das Siegeszeichen zu machen, Beifall zu klatschen, PKK-Parolen zu rufen, Steine zu werfen oder Reifen in Brand zu setzen.»
Die türkischen Gerichte seien zu der Entscheidung gekommen, dass allein die Anwesenheit bei einer Demonstration, zu deren Teilnahme die PKK aufgerufen hat, einem Handeln auf Anordnung der PKK gleichkomme, so Human Rights Watch. Die Organisation fordert Gesetzesänderungen, so dass Demonstranten nicht mehr willkürlich wegen Terrorismus verurteilt werden können. Laufende Strafverfahren sollen überprüft werden.
Die PKK wird von der türkischen Regierung, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft. Sie kämpft seit Anfang der 1980er Jahre für die Unabhängigkeit oder größere Autonomie der Kurdengebiete in der Türkei. In dem Konflikt wurden nach Angaben der türkischen Armee mehr als 42 000 Menschen getötet.
Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.