Sozialkürzungen bekämpfen – Umverteilung einfordern!
Sieglinde Friess *
Bundesweit hat sich eine neoliberale Politik durchgesetzt, die sich durch Kürzungen bei den Menschen in Armut und Zuwendungen für Unternehmen, Banken und Reiche auszeichnet. Die PolitikerInnen bedienen sich dabei der Methode Schuldenbremse, die sie nutzen, um Streichungen ohne Rechtfertigungen durchzusetzen und wirtschaftsfreundliche Entscheidungen ohne Begründungen zu verordnen. Sie setzen mit dieser Form des Regierens auf die breit verbreitete Meinung der BürgerInnen, dass öffentliche Haushalte wie ein Privathaushalt zu organisieren seien und „man keine Schulden mache“. Die Frage der Einnahmen spielt in der politischen Debatte eine begrenzte bzw. gar keine Rolle, da die Erhöhung der Einnahmen immer eine Auseinandersetzung mit der Macht des Kapitals wäre und diese von der Politik nicht oder wenig gewollt ist.
Die Folge davon ist, dass das Kapital potenter denn je ist – dies ist auch an die zusätzlichen Steuereinnahmen zu erkennen – , die Gewinne sprudeln, die Banken regenerieren sich auf Kosten der Gesellschaft und sichern Dividenden und Boni und das Vermögen der Reichen steigt ins unermessliche. Dieses Phänomen ist europa- und weltweit zu erleben und z.B. in Griechenland können wir bereits die brutalsten Auswirkungen erkennen.
Gleichzeitig stabilisiert sich bzw. steigt Armut mit all seinen Konsequenzen, so dass ein Viertel der Bevölkerung ausgegrenzt lebt, wohnt und arbeitet. Jedes 4. Kind bewegt sich mittlerweile am Rande und unterhalb aller staatlich festgestellten Armutsgrenzen und oft müssen viele von ihnen mit hungrigem Magen ins Bett gehen – ein unerträglicher Zustand.
Wie nun die einzelnen Regierungsparteien und Bundesländer vor Ort wirken und agieren unterscheidet sich nicht im Grundsatz aber in den Nuancen. Wo teilweise noch um die Finanzierung zur Armutsbekämpfung gerungen werden kann, wird anderorts auf Leuchtturmprojekte und Mega-Events gesetzt. Mittlerweile hat jede größere Stadt seine Elbphilharmonie, seinen Flughafen oder seinen Hauptbahnhof und engagiert sich in der ständig steigenden Finanzierung ihrer Prestigeobjekte, anstatt sich um Einnahmen und ein gleichberechtigtes Leben der Menschen zu kümmern.
In Hamburg wird verschärfend die buchhalterische Form des Sparens in 10-Jahres-Programmen angewandt. Mit klangvollen Worten wie „Vernunft, Ordnung, pay as you go“ werden die BürgerInnen auf „Gürtel enger schnallen“ eingeschworen und versucht die SPD-Alleinregierung mit Ihrem obersten „König“ Olaf Scholz die Schuldenbremse festzuzurren.
Die Budgets werden in Hamburg auf niedrigem Stand zementiert und nur kleine Steigerungsraten unterhalb der Preissteigerung/Inflation ermöglicht. Abgesichert wird diese Haushaltspolitik durch ein Finanzrahmengesetz, welches einen jährlichen Spielraum unmöglich macht. Mit diesen Haushaltsentscheidungen setzen sie neoliberale Politik fort und betreiben so gut wie keine Anstrengungen der Umverteilung bzw. der Steigerung von Einnahmen. Die Leittragenden sind auch hier die Menschen ohne Arbeit, in prekärer Arbeit, kranke Menschen und vor allem Familien und Kinder. Wohl wird ein wenig mehr in Bildung investiert, dies wird aber gleichzeitig auch dafür genutzt, soziale Angebote in Frage zu stellen oder abzubauen.
Mittlerweile regt sich – wie in anderen Städten – auch in Hamburg Widerstand. Viele Menschen sind nicht mehr bereit, diese Ausgrenzungspolitik mitzumachen und zuzuschauen wie die Banken und Großprojekte davon profitieren. Ein Schwerpunkt der Auseinandersetzung sind auch die überdimensionierten Wohnungskosten, die die Armut noch mehr verstärken und verschärfen. Gleichzeitig hat sich ein Bündnis gegen Rotstiftpolitik zusammengeschlossen, welches in der Breite bisher nicht möglich war. Beteiligt sind alle Wohlfahrtsverbände, der Sozialverband Deutschland, viele Gewerkschaften, Verbände der sozialen Arbeit, attac und die Studierenden mit ihrem AStA. Neben kleineren öffentlichen Aktionen und Aktivitäten fanden auch bunte Demonstrationen statt, die den Widerstand gegen diese neoliberale Politik deutlich machten und auf die Straße brachten. Es war ein erster und wichtiger Schritt des Zusammenschluss, die Demonstration ist als Anfang und nicht als Ende der Bündnisse zu werten.
* ver.di Fachbereichsleiterin Bund, Länder und Gemeinden Hamburg
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