Schweigen gegen das Schweigen…
Kommentar von Mikdat Karaalioglu, Chefredakteur der SABAH–Europa-Ausgaben
Für die Opfer der rechtsextremen Gewalt hat in mehreren deutschen Städten unter dem Motto: „Schweigen gegen das Schweigen“ ein „Silentmob“ stattgefunden. Es war eine Eigeninitiative einiger Bürger gegen die schweigende Mehrheit in Deutschland, die begreifen muss, dass Rassismus in unserer Gesellschaft keinen Platz haben darf. Dahinter steckt kein Verein, keine grosse Organisation sondern sie wurde durch einige Facebook-Benutzer ins Leben gerufen. Die Beteiligung in allen Städten war allerdings so gering, dass das einen erschüttert. Dabei geht es in diesem Fall um 10 Tote. Neun von ihnen wurden nur deshalb ermordet, weil sie keine Deutsche sind. Nur eine Handvoll Menschen war bei der Gedenkstunde für diese Opfer zur Teilnahme bereit. Wir kritisieren gern die diskriminierende Haltung der deutschen Öffentlichkeit gegenüber den Türken hierzulande. Wenn die Türken bei einer solchen wichtigen Sache nicht genug Reaktion zeigen, wäre es ebenso unfair, von der Mehrheit etwas anderes zu erwarten.
Sind unsere Vereine zu schwach?
Diese Serienmorde zeigen auch eine traurige Wahrheit über die Reaktionsfähigkeit der türkischen Community in Deutschland: Die Türken in Deutschland sind nicht in der Lage, durch ihre gebündelten Aktionen die Mehrheit wachzurütteln. Außer der türkischen Gemeinde in Deutschland und deren Vorsitzenden, Kenan Kolat, hat keiner der zahlreichen türkischen Vereine die aktuelle Lage richtig einschätzen und dementsprechend Reaktion zeigen können. Das schreibe ich nicht, um einen eventuellen polemischen Streit mit der türkischen Vereine zu führen, sondern, um den gemeinsamen Fehler aufzudecken. Eine neue Denkweise ist vonnöten, die die Ereignisse im Lande richtig deuten kann, durch entsprechende Aktionen die Mehrheit in Bewegung setzt und den Stimmen der Türken Gehör verschaffen kann. Alles andere gut Gemeinte stellt der türkischen Community nur Stolpersteine in den Weg.
Sofort aufklären
Über die Neonazi-Serienmorde erfahren wir jeden Tag etwas Neues, insbesondere über die Lücken des deutschen Sicherheitssystems. Es sieht demnach so aus, dass das Netzwerk der rassistischen Terrororganisation auch internationale Verbindungen hatte. Ich würde gern den Worten der Politiker: “Nichts soll im Dunkeln bleiben”, Glauben schenken. Nicht nur Türken sondern die ganze Welt schaut auf Deutschland, wie es mit dem rechten Terror umgeht. Der Tumor der radikalen Rechten muss, bevor er der Gesellschaft noch mehr Schaden zufügen kann, an der Wurzel gepackt und unschädlich gemacht werden. Denn alles was die Würde und das Leben der Menschen antastet, verdient in der Gesellschaft keine Akzeptanz.
Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.