Die Türkei im Staudammwahn / Von Gunnar Köhne
In keinem anderen Land der Welt werden so viele Staudämme geplant wie in der Türkei: in den nächsten 25 Jahren Ankara sind mehr als 1.500 geplant. Die Folgen für den Naturschutz, die Menschen und die gefluteten Kulturgüter sind für die Verantwortlichen unerheblich. Jetzt plant die Regierung ein neues Umweltschutzgesetz, das den Namen nicht verdient.
Eine malerische Schlucht, tief unten windet sich ein wilder, blau-grün schimmernder Fluss. Wieder und wieder kehrt Zafer Kecin an diesen Aussichtsplatz zurück. Es ist, findet er, die schönste Ecke seiner Heimat, das Loc-Tal an der türkischen Schwarzmeerküste. Ein Naturparadies, wie es sie nur wenige gibt:
“Hier haben wir, als wir klein waren, Fische gefangen, wir haben gebadet und erst vor einem Jahr sahen wir hier am Ufer des Flusses eine Bärin mit ihren Jungen. Worte können nicht beschreiben, was dieser Ort für uns bedeutet. Es ist der Mittelpunkt unseres Lebens.”
Doch die Idylle droht unterzugehen. Links und rechts des Flusses graben sich Bagger in die Landschaft. Das Loc-Tal ist eines von mehreren hundert Tälern in der ganzen Türkei, das sich die Regierung zur Energiegewinnung ausgeguckt hat. Schon in drei Jahren soll der Fluss Strom liefern. Dafür soll zwischen zwei Felshängen eine 30 Meter hohe Staumauer gezogen werden. Das Wasser wird danach in Röhren weiter abwärts zu einer Turbine geleitet. Unterirdische Wasserleitung statt natürlicher Wasserlauf: Umweltschützer Kecin ist wütend über die Pläne der Regierung:
“Jeden Sommer kommen hier die Urlauber her, um zu picknicken, zu angeln oder zu baden. Weiter unten im Tal dient dieser Fluss den Menschen auch als Trinkwasserreservoir. Das wird auch nicht mehr möglich sein. Entweder er wird verdreckt bei ihnen ankommen oder er fließt unerreichbar unter der Erde in Röhren.”
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