Die schwärzeste Nacht der deutschen Geschichte

Die Reichskristallnacht begann am 7. November in Paris. Der 17-jährige vertriebene polnische Jude Grynszpan schoss auf den unbekannten, für das Reich unbedeutenden deutschen Diplomaten Ernst Eduard vom Rath. Er starb am 8. November. Die Motive des jungen Mannes sind unklar, aber er sagte 1942 in einem Schauprozess aus, er habe den Deutschen zuvor in der Pariser Homosexuellenszene kennengelernt.

Die Nachricht vom Attentat auf den Diplomaten verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die Tagespresse. Sie war für die NSDAP eine willkommene Möglichkeit die Maßnahmen zur Ausschaltung des jüdischen Wirtschafts- und Gesellschaftslebens. Es gab schon länger Pläne die Juden zu enteignen und sie mit Berufs- und Handelsverbot aus dem Geschäftsleben zu vertreiben. Dieser Mord war die Gelegenheit, diese Pläne zu beschleunigen und in die Tat umzusetzen.

Am Abend des 9. November erfuhr Hitler bei einem Essen mit Goebbels, dass vom Rath seinen Verletzungen erlegen war. Goebbels bezeichnete das Attentat als “die jüdische Weltverschwörung“. Er erklärte, dass man nicht mit antijüdischen Aktionen in Erscheinung treten wolle, diese aber auch nicht verhindern werde. Die GAU-Leiter und SA-Führer verstanden diese indirekte Aufforderung und handelten. Um 22.30 Uhr informierten Sie ihre örtlichen Dienststellen:

Sämtliche jüdische Geschäfte sind zu zerstören. Die Presse ist heranzuziehen. Jüdische Synagogen sind in Brand zu stecken. Sämtliche Juden sind zu entwaffnen. An den zerstörten Geschäften und Synagogen sind Schilder anzubringen mit dem Text: ”Rache für den Mord an vom Rath“. Polizei und Feuer dürfen nicht eingreifen. Bei Widerstand sofort schießen….

Die politische Führungsebene zog sich ins Hotel ”Rheinischer Hof“ zurück, um von dort aus die Aktion zu organisieren und zu dirigieren. In der Nacht zerstörten gut bewaffnete “spontane Rächer“ das jüdische Leben in Deutschland. Angehörige der SA und SS verkleideten sich, um wie normale Zivilisten auszusehen und um Zivilisten aufzuhetzen. Sie griffen das jüdische Leben im ganzen Reich an. Sie drangen in Häuser ein und nahmen alles mit, was wertvoll war. Geschäfte wurden zerstört und geplündert. Synagogen und Gemeindehäuser angezündet und niedergebrannt. Die Straßen glichen einer brennenden Glaswüste. In dieser Nacht wurden 400 Juden getötet, denen noch Millionen folgen sollten, und 30.000 wurden in Konzentrationslager verschleppt. 7.500 Geschäfte zerstört und 177 Synagogen niedergebrannt.

Die deutsche Bevölkerung schaute zu, bejubelte die Aktion mit Hetzgesängen und einige unterstützten sie auch tatkräftig. Während das Ausland die deutschen Übergriffe verurteilte, Diplomaten abzog und Handelsbeziehungen auf Eis legte, zeigte die Kirche keine Reaktion, weder die Evangelische, noch die Römisch-Katholische.

Die Nacht vom 9. auf den 10. November war die längste und dunkelste Nacht in der deutschen Geschichte. Und manchmal hat man den Eindruck, dass immer noch nicht morgen geworden ist. Die Angriffe auf Asylantenwohnheime wie in Rostock-Lichtenhagen 1992, die Brandanschläge von Mölln 1991 und Solingen 1993 sowie die Mordserie durch die NSU fühlen sich an, wie Taten im Morgengrauen der Reichspogromnacht.

Detaillierte Post auf SABAH AVRUPA – Die Türkische Tageszeitung.

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